Feuer im Tunnel als praxisnahe Einsatzübung

Fireworld - Besondere Übungen
Feuer im Tunnel als praxisnahe Einsatzübung

Von BM d.V. Peter Schentler, BFV Bruck/Mur

Am 29. Oktober 2001 beübten die Feuerwehren des Bezirkes Bruck/Mur eines der schlimmsten Einsatzszenarios: Ein Fahrzeugbrand in einem Tunnel mit mehreren Fahrzeugen und einer großen Anzahl von Verletzten. Zusätzliche Aktualität erlangte diese Übung auch dadurch, dass nur wenige Tage davor beim einem Tunnelbrand im Gotthardtunnel in der Schweiz 11 Personen starben.

Anlassfälle
Fast monatlich kommt es auf der S6 im Tanzenbergtunnel zwischen Bruck/Mur und Kapfenberg zu Verkehrsunfällen. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1983 ereigneten sich 12 Fahrzeugbrände, 11 Menschen konnten von den Feuerwehren nur mehr tot geborgen werden.

Übungsannahme
In der Nordröhre des Tanzenbergtunnels ereignet sich ein folgenschwerer Verkehrsunfall. Ein Lkw-Fahrer verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und stößt gegen die Tunnelwand, der Lkw gerät sofort in Brand. Ein dahinter fahrender Reisebus, der mit 15 Personen besetzt ist, kann nicht mehr bremsen und wird ebenfalls in den Unfall verwickelt. In weiterer Folge ereignen sich hinter der Unglücksstelle mehrere Auffahrunfälle. Einige der Pkw-Lenker sind in ihren Fahrzeugen eingeklemmt, andere irren orientierungslos im stark verrauchten Tunnel umher. Vom Diensthabenden in der Tunnelwarte wird sofort der Notruf an die Bezirksflorianstation durchgegeben.

Alarmierung der Einsatzkräfte
Insgesamt waren 22 der 34 Feuerwehren des Bezirkes Bruck/Mur und 302 Feuerwehrkameraden bei der Übung beteiligt. Das Rote Kreuz war ebenfalls mit 65 Helfern vertreten, die Exekutive mit 20 Personen. Alarmiert wurden die Einsatzkräfte um 19.00 Uhr nach dem "Tunnelalarmplan Tanzenbergtunnel", der von den Feuerwehren in Zusammenarbeit mit der Bezirkshauptmannschaft ausgearbeitet wurde. Erstmalig beübt wurde ein ähnliches Einsatzszenario im Jahr 1994.

Übungsablauf
Die Übung stand unter der Leitung HBI Josef Kleinburger, Kommandant der für den Tunnel zuständigen Feuerwehr Kapfenberg-Stadt. Unterstützt wurde die Einsatzleitung durch das Bereitschaftskommando der F.u.B. 42 Bruck/Mur. Aufgrund der großen Ausdehnung des Einsatzes wurden zwei getrennte Einsatzleitungen installiert. Das Bereitschaftskommando und die Einsatzleitung 1 waren bei der Notzufahrt zum Tunnel in Kapfenberg, die Einsatzleitung 2 beim Westportal stationiert.
Beide Tunnelröhren wurden von der Exekutive gesperrt und der Verkehr durch Bruck und Kapfenberg umgeleitet. Da sich der Tanzenbergtunnel im Zentrum des Bezirkes befindet, näherten sich die Einsatzkräfte dem Unglücksort von Norden und Süden.
Der genaue Unfallort befand sich ca. 800 Meter vom Westportal entfernt und erstreckte sich über 300 m. Durch die starke Verrauchung war ein Löschangriff in den Tunnel direkt vom Westportal nicht möglich. Die Einsatzkräfte mussten durch die beiden nächstgelegenen Querstollen in den Tunnel eindringen.

Sofort nach dem Eintreffen wurde mit der Menschenrettung begonnen. Dies gestaltete sich aufgrund der schlechten Sicht und der großen Anzahl von Verletzten sehr schwierig. Während einige Verletzte noch gehfähig waren, wurden andere bewusstlos in Notrufnischen und ihren Fahrzeugen aufgefunden. Um die eingeklemmten Personen zu retten, mussten hydraulische Rettungsgeräte 250 m zur Unfallstelle transportiert werden. Verletztensammelplätze wurden in der Südröhre und bei der Einsatzleitung 2 eingerichtet. Vom Österreichischen Roten Kreuz wurden die Verletzten versorgt und dann ins Landeskrankenhaus Bruck/Mur abtransportiert. Gleichzeitig wurde von den Feuerwehren der brennende Lkw mit Schaum gelöscht. Im betroffenen Tunnel und in den Querstollen wurden Hochdrucklüfter in Position gebracht, um den Rauch aus dem Tunnel zu befördern.
Die verbrauchten Atemschutzflaschen wurden beim ATSF Böhler, dem WDF Bruck und SRF Bruck direkt vor Ort gefüllt. Der Atemschutzsammelplatz wurde beim Atemschutzfahrzeug bei der Einsatzleitung 1 aufgebaut. Insgesamt waren 17 Atemschutztrupps und 3 Sauerstoffkreislaufgerätetrupps im Einsatz.

Nachdem die Übung beendet war, wurden in der Nordröhre Rauchtöpfe des Bundesheeres gezündet, um die Kapazität der Lüftungsanlage zu überprüfen.
Die Versorgung der eingesetzten Einheiten erfolgte nach Übungsende bei den Rüsthäusern der Feuerwehren Bruck und Kapfenberg-Stadt durch den Versorgungszug der F.u.B. 42 Bruck/Mur. Bekocht wurden die Einsatzkräfte, Ehrengäste und Pressevertreter mit den Feldküchen der Feuerwehr Mixnitz und des Roten Kreuzes Kapfenberg.
Die Übung war um 22.30 Uhr beendet.

Durch diese Übung konnten zahlreiche Erfahrungen in Bezug auf Tunneleinsätze und die Koordination der Einsatzkräfte untereinander gewonnen werden. Nur durch regelmäßige Übungen können sich die Feuerwehren auf Einsatzszenarios wie im Gotthardtunnel oder Gleinalmtunnel vorbereiten. Die wichtigste Maßnahme für eine erhöhte Sicherheit ist jedoch die bauliche Ausstattung vorhandener und in Planung und Bau befindlicher Tunnel. Denn obwohl die Feuerwehren nur Minuten nach einem Unfall beim Unglücksort eintreffen, ist die Chance für die Beteiligten am besten, wenn sie sich selbst retten können.

Eingesetzt waren:
Mannschaft:

Feuerwehr 306
Rotes Kreuz 65

Fahrzeuge:
Feuerwehr 62
Rotes Kreuz 18

Technische Daten Tannzenbergtunnel

Anzahl der Röhren: 2
Inbetriebnahme: Nordröhre 1983, Südröhre 1985
Länge: Nordröhre 2.458 m, Südröhre 2.523 m
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
Fahrzeuge pro Tag: 20.832 (laut ÖAMTC-Tunneltest 2000)
Anteil LKW: 13 % (davon 10-20% Gefahrengut)
Gefahrengut: keine Einschränkungen




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