Fireworld - Detailnachrichten
5 Tote bei Feuer-Unfall im Gleinalmtunnel
Text und Fotos: ABI Peter Kirchengast, FF
Leoben
Im Anschluss an den Beitrag der Feuerwehr finden Sie als Ergänzung
noch einige Medien-Meldungen.
Nach einem Frontalzusammenstoß zwischen einem mit sechs
Personen besetzten Minivan mit Camping-Anhänger und einem mit drei Insassen
besetzten Pkw-Kombi im 8,3 km langen Gleinalmtunnel der Pyhrnautobahn (A9)
kam es Montag, dem 6. August 2001, zu einem folgenschweren Fahrzeugbrand.
Beide Fahrzeuge brannten komplett aus.
Der Unfall zog aber auch eine menschliche Tragödie mit
sich:
Fünf Menschen mussten ihr leben lassen, drei Personen überlebten
schwer verletzt. Für die zahlreichen Helfer von Feuerwehr, Rettungsdienst,
Gendarmerie usw. ein belastender Einsatz.
Das Schreckensszenario an der Unglücksstelle mitten im Tunnel.
Der Unfall ereignete sich laut Tunnelmeisterei um 15.20 Uhr,
wobei die Alarmierung exakt um 15.21 Uhr erfolgte und gleichzeitig das sogenannte
"Brandprogramm" aktiviert wurde. Dieses umfasst das Hochfahren der
Abluftmaschinen auf volle Leistung, das Verstärken der Beleuchtung und
das Überwachen mittels Videoeinrichtung. Zu diesem Zeitpunkt gab es relativ
geringen Verkehr in beiden Richtungen, welcher mit einer Stundenfrequenz pro
Richtung mit ca. 430 Fahrzeugen an der Mautstelle registriert wurde.
Alarm bei den Feuerwehren
Bei den Feuerwehren ging der erste Alarm um 15.21 Uhr, und zwar über
den Notruf 122 mittels Handy einer Privatperson die gerade den Tunnel verlassen
hat, bei der Bezirksalarmzentrale Florian Graz-Umgebung ein. Daraufhin alarmierte
man um 15.23 Uhr von seitens Graz-Umgebung die Feuerwehr und das Rote Kreuz
Übelbach und Florian Leoben. Eine diesbezügliche Kontaktaufnahme
mit der zuständigen Tunnelwarte Gleinalm per Telefon war zu diesem Zeitpunkt
erfolglos. Um 15.26 Uhr traf der zweite Alarm, das sogenannte "Brandprogramm",
lt. Alarmplan beim Florian Leoben ein, worauf die Portalfeuerwehr St. Michael
und die lt. Alarmplan zuständen Nachbarfeuerwehren alarmiert wurden.
In der Zwischenzeit hatte man von der Tunnelwarte aus über das "Tunnelradio"
die schon eingefahrenen Autolenker über das Brandgeschehen informiert
und zum raschen Verlassen des Tunnels aufgefordert.
Vor den Tunnelportalen wurden die Reserveeinsatzkräfte, Rettungsdienste
und dergleichen positioniert.
Autofahrer wendeten - Erstlöschmaßnahmen
erfolglos
Spektakuläre Szenen spielten sich in diesen bis zum Eintreffen der Feuerwehr
und Rettung vergehenden Minuten ab. So drehten einige Autolenker ihr Fahrzeug
um und fuhren so aus dem Tunnel, andere wieder verließen zu Fuß
den Tunnel, wobei auch ausfahrende Fahrzeuge die Flüchteten mit ins Freie
nahmen. Insgesamt waren an die 150 Fahrzeuge zu diesem Zeitpunkt in der Tunnelröhre.
Als die Feuerwehren am Brandort eintrafen, befanden sich außer den beiden
brennenden Autos keine weiteren Fahrzeuge mehr im automatisch gesperrten Gleinalmtunnel.
Dadurch waren auch keine weiteren Fahrzeuge im Unfallgeschehen involviert.
Anfängliche Versuche von nachkommenden Lenkern den Brand mit tragbaren
Löschgeräten zu Bekämpfen brachten keinen Erfolg.
Links: Erfolglose löschversuche mittels Handfeuerlöscher
Rechts: Im Bildvordergrund der Campinganhänger eines der Pkws.
Meter für Meter zum Unfallort
Die vom Nordportal eingefahrenen Feuerwehren (RLF-Trupp St. Michael, RLF-A
St. Michael und TLF Leoben-Göss) meldeten an die EL-BFV Leoben um 15.34
Uhr, dass sie auf Höhe Notrufnische 13 (2,5 km vom Nordportal entfernt)
mit der Brandbekämpfung begonnen haben. Die vom Südportal eingefahrenen
Feuerwehren (RLF Übelbach und KLF Deutschfeistritz) kämpften sich
durch die dicken Rauchschwaden Meter für Meter zum Unfallort vor.
Heldenhafter Autolenker!
Aus dem Minivan konnte sich ein Kind befreien, die Kleidung stand in Flammen,
ein nachkommender Autolenker löschte den Kleidungsbrand und übergab
die verletzte Person den herannahenden Hilfskräften. Die Mannschaft des
RLF Deutschfeistritz kühlte die schweren Brandwunden des geretteten Kindes
beim Südportal mittels Wasser-Benetzung unter Aufsicht eines Notarztes
bis zum Eintreffen des Rettungshubschraubers. Weiters konnten sich die drei
Insassen (1 Erwachsener und 2 Kinder), zwar verletzt, aus dem Kombi selbst
retten und liefen den eintreffenden Rettungskräften zum Nordportal entgegen.
Die mittlerweile eingetroffenen nachalarmierten Feuerwehren unterstützten
die Rettungsmannschaften bei der Versorgung der Verletzten und Flüchteten
bei den jeweiligen Tunnelportals.
Tunnellöscheinrichtung für die Einsatzkräfte der Feuerwehren.
Fünf tote Menschen
Ein weiteres Erschwernis bei den Löscharbeiten, war eine im Camping-Anhänger
gelagerte Gasflasche, welche zwar im Brandgeschehen war, jedoch von der Feuerwehr
ausreichend gekühlt wurde damit sie nicht explodierte. Kurz vor 16.00
Uhr konnte von den Löschmannschaften "Brand aus" gegeben werden,
wobei sich das Ausmaß des verheerenden Brandes zeigte. Fünf Personen
sind in dem Minivan bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
Das rechte Bild zeigt die im Camping-Anhänger mitgeführte Gasflasche.
Sie explodierte glücklicherweise nicht.
Die mit Sauerstoffkreislaufgeräten ausgestatteten Trupps
St. Michael und Leoben gingen in der Zwischenzeit Richtung Südportal
(Übelbach) und der SKg Trupp Übelbach Richtung Nordportal (St. Michael)
um etwaige Personen aufzuspüren und zu evakuieren. Zehn Minuten nach
"Brand aus" trafen die Trupps aufeinander und konnten keine weiteren
Personen im Tunnel vorfinden. Zu diesem Zeitpunkt war man bemüht den
Tunnel rauchfrei zu bekommen, welches um 16.30 Uhr beendet war. In der Zwischenzeit
wurden jegliche Informationen an Behörden (LWZ, BH-LN und BH-GU) und
Pressestellen weitergeleitet.
Pressekonferenz
Da das Ereignis viel Aufsehen in den Medien hervorrief (ORF, Radio-Stmk.,
Antenne-Stmk., Bayrischer Rundfunk, RTL-Fernsehen, Kleine Zeitung, Kronen
Zeitung, Presse, usw.) wurde um 18.30 Uhr eine Pressekonferenz in der Tunnelwarte
mit Kompetenten der Betreibergesellschaft, Hilfsorganisationen und Behördenvertreter
abgehalten. Um 19.00 Uhr begann man mit den Sicherheitspolizeilichen Ermittlungen
(Staatsanwaltschaft, Gerichtsmedizin, Kriminalpolizei, Bausachverständige)
und um 21.00 Uhr wurden die Fahrzeuge aus dem Tunnel geborgen.
Aufgrund des hervorgerufenen Medieninteresses wurde eine eigene Pressekonferenz
einberufen.
Personal und Geräte
Eingesetzt waren insgesamt 14 Feuerwehren mit 92 Mann.
BFV Graz-Umgebung:
FF Übelbach 9 Mann 3 Fahrzeuge
FF Deutschfeistritz 15 Mann 2 Fahrzeuge
FF Frohnleiten 8 Mann 2 Fahrzeuge
FF Neuhof 3 Mann 1 Fahrzeug
BFV Leoben:
BFV Leoben 1 Mann 1 Fahrzeug
FF St. Michael 7 Mann 2 Fahrzeuge
FF Leoben-Stadt 13 Mann 3 Fahrzeuge
FF Leoben-Göss 5 Mann 2 Fahrzeuge
FF St. Stefan o.L. 8 Mann 1 Fahrzeug
FF Kaisersberg 9 Mann 1 Fahrzeug
FF Kraubath 7 Mann 1 Fahrzeug
FF Madstein 4 Mann 1 Fahrzeug
BtF Donawitz 2 Mann 1 Fahrzeug
LFV Steiermark: LFKdt. LBD Franz Hauptmann 1 Fahrzeug
Eingesetztes Rettungspersonal:
10 ÖRK Rettungswagen mit 24 Sanitäter
1 Notarztwagen
2 Rettungshubschrauber (Christopherus 12 + 14)
4 Notärzte
Stumme Spuren einer menschlichen Tragödie. Auch für die zahlreichen
Helfer stellte dieser Einsatz eine extreme Belastung, sowohl physisch als
auch psychisch, dar.
Abschließende Anmerkungen
Der Gleinalmtunnel wurde vor genau 23 Jahren eröffnet. Damals galt der
mit 8,3 Kilometern drittlängste Straßentunnel Österreichs,
als hochmodern. Er wird täglich von ungefähr 14.000 Fahrzeugen benützt.
Heute fehlen grundlegende Sicherheitseinrichtungen wie Fluchtwege, Sicherheitszellen,
leistungsfähige Lüftungssysteme, Betriebsfeuerwehr sowie moderne
Gerätschaften des abwehrenden Brandschutzes.
Die vor mehr als 20 Jahren angeschafften Einsatzfahrzeuge sind heute veraltert
und entsprechen nicht mehr dem Stand der Fahrzeugtechnik und auch nicht der
modernen Löschtechnik. Für die Feuerwehr ist, um schnell und wirkungsvoll
helfen zu können, eine Ausrüstung die dem Stand der Technik entspricht
unabdingbar.
-------------- Ende des Einsatzberichtes --------------
Beitrag 1 vom ORF
Identität der Toten und Todesursache klar
Bei den fünf Opfern des Feuerunfalls im Gleinalmtunnel handelt es sich
um eine Familie aus Heteren im Süden der Niederlande. Sie sind nicht
beim Zusammenstoß selbst, sondern an Rauchgasvergiftung und Hitzeschock
gestorben. Vater und Mutter waren 45 bzw. 46 Jahre alt, die drei Töchter,
die ums Leben kamen, zwischen 8 und 18 Jahre. Das gab Staatsanwalt Peter Hödl
bekannt.
11-Jährige wird nach Holland gebracht
Die vierte Tochter des Ehepaares heisst Ymke. Sie ist das einzige Familienmitglied,
das - schwer verletzt - überlebt hat. Das 11-jährige Mädchen
wurde am Nachmittag mit einem Jet der Tyrol Air Ambulance in eine Spezialklinik
für Verbrennungen bei Amsterdam gebracht. Die 11-jährige Imke hat
66-prozentige Verbrennungen, meist dritten Grades, erlitten und befindet sich
in sehr kritischem Zustand.
Der 49-jährige Autofahrer, der die brennende Kleidung des Kindes mit
den bloßen Händen gelöscht hat, ist dabei übrigens selbst
in Atemnot gekommen und musste das Mädchen zurücklassen. Die 11-Jährige
wurde dann erst von den Einsatzteams geborgen.
Die ausgebrannten Fahrzeugwracks werden auf Lkws verladen und aus dem
Tunnel gebracht.
Schilderung
Einer der Feuerwehrleute schildert diese Augenblicke so: "Wir haben in
der Ferne ein Wimmern gehört und rund 50 Meter vor dem Unfall haben wir
dann das Mädel auf der Seite liegen gesehen. Ich habe sie dann geschnappt.
Wenn sie nicht am Boden gelegen wäre, hätte sie nicht überlebt,
weil bei dem ganzen Rauch hat man nicht einmal die Hand vor Augen gesehen."
Unfallursache
Der folgenschwere Unfall im Gleinalmtunnel wurde von jenem Grazer Lenker verursacht,
der die Katastrophe schwer verletzt überlebt hat. Das hat die Staatsanwaltschaft
nun bestätigt. Gegen ihn wird ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung
eingeleitet. update vor 4h 21min Laut technischem Sachverständigen hat
der Grazer Theologe den Unfall ausgelöst. Er wurde noch in der Nacht
befragt. Dabei gab er an, dass er möglicherweise aus Unachtsamkeit wegen
seiner beiden auf dem Rücksitz befindlichen Kinder über die Sperrlinie
geraten sei.
Lebensretter: "Alle sind vorbeigefahren"
Der Lebensretter des Mädchens möchte übrigens kein Interview
geben. Er lässt aber über die Gendarmerie ausrichten, dass er wütend
auf die anderen Autofahrer sei. Sie seien einfach an dem brennenden Mädchen
vorbeigefahren, ohne ihm zu helfen.
Erschütterung auch bei den Einsatzkräften - Situationen
wie diese sind auch für sie eine hohe Belastung.
Beitrag 2 vom ORF
Der folgenschwere Unfall im Gleinalmtunnel auf der Pyhrnautobahn
hat nun eine neuerliche Dabatte über die Sicherheit der österreichischen
Autobahntunnel entfacht. Landes- und Bundespolitiker sind dabei unterschiedlicher
Meinung.
Klasnic: Mehr Geld für Sicherheit
Die steirische Landeshauptfrau Waldtraud Klasnic (ÖVP) forderte neuerlich
moderne Sicherheitsstandards und die Errichtung von zweiten Röhren bei
Autobahn- und Schnellstraßentunnels. "Um die erforderliche Beschleunigung
des zweiröhrigen Tunnelausbaus in der Steiermark, insbesondere des Gleinalmtunnels,
der zu den Schlüsselverbindungen gehört, zu erreichen, wird auch
eine mögliche Vorfinanzierung seitens des Landes Steiermark angedacht",
erklärte Klasnic in einer Aussendung.
ÖAMTC fordert "Tunnel-Milliarde"
Die Autofahrerclubs ÖAMTC und ARBÖ treten ebenfalls nach wie vor
vehement für die Errichtung von zweiten Tunnelröhren im Autobahn-
und Schnellstraßennetz ein. Die Touringclub schlug sogar eine zusätzliche
Tunnel-Milliarde pro Jahr vor, um den Ausbau zu beschleunigen.
Forstinger gegen zweite Röhre
Verkehrsministerin Monika Forstinger (FPÖ) hingegen tritt in erster Linie
für die Realisierung bereits geplanter Sicherheitsmaßnahmen ein.
Gegen zweite Röhren ist auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ),
er hält dies für "kontraproduktiv" und hält Rettungsstollen
neben einer Reihe anderer Sicherheitsmaßnahmen wie zum Beispiel Tempolimits
von 60 km/H in Tunnels für weit sinnvoller.
Tunnel "nicht kausale Ursache"
Im Zuge der gerichtlichen Untersuchung des Infernos vom Gleinalmtunnel seien
auch die Sicherheitsvorkehrungen in der Röhre überprüft worden,
so der zuständige Staatsanwalt Peter Hödl. Die Sicherheitsbedingungen
seien "nicht kausal für den Unfall" verantwortlich gewesen.
Der folgenschwere Unfall wurde offenbar von jenem Grazer Lenker verursacht,
der die Katastrophe schwer verletzt überlebt hat - mehr dazu in "Grazer
'von Kindern abgelenkt'". "Es war ein Begegnungsunfall, der auf
einen Fahrfehler zurückzuführen ist. Dasselbe hätte sich auch
in einem anderen Tunnel oder auf einer Straße ereignen können",
so der Staatsanwalt.
Keine Videoaufzeichnung
Eine Panne gab die ÖSAG bekannt: Zum Zeitpunkt des Unfalls war einer
von fünf Rekordern ausgefallen, welche die Bilder von 40 Überwachungskameras
aufzeichnen sollen. Das niederländische Auto ist noch auf der Einfahrt
in den Tunnel erkennbar, der Unfall selbst ist aber nicht festgehalten. Die
Tunnelwarte war erst nach der Tauerntunnel-Katastrophe mit einem modernen
Videosystem ausgestattet worden.
Feuerwehr veraltet
Auch die beiden Löschfahrzeuge der zuständigen Feuerwehren gelten
als völlig veraltet. Im vergangenen Jahr wurden lediglich die Sicherheitseinrichtungen
verbessert.
ÖSAG: "Klagloser Einsatz"
Von Seiten der Autobahnen und Schnellstraßen AG ÖSAG hieß
es, das Brandmeldesystem und der Einsatz hätten klaglos funktioniert.
Die Alarmierung sei um 15.21 Uhr erfolgt, praktisch gleichzeitig seien die
Abluftmaschinen auf volle Leistung hochgefahren worden.
Zwölf Tote im Tauerntunnel
Erst vor zwei Jahren waren bei einem ähnlichen Unglück im Tauerntunnel
(Bundesland Salzburg) zwölf Menschen ums Leben gekommen, als ein Lkw
auf eine Fahrzeugkolonne auffuhr, die vor einer Baustelle im Tunnel wartete.