2005-01-23: Göttinger St. Johannis Kirche brennt - Feuer gelegt! (D)

Großalarm in der Göttinger Innenstadt: Am frühen Sonntag Morgen, 23.1.2005, ist der Nordturm der Göttinger St. Johannis Kirche in der Innenstadt abgebrannt.

Die St. Johannis Kirche befindet sich hinter dem Alten Rathaus mitten in der Göttinger City und wird derzeit renoviert.


Genau um 1.18 Uhr ging der erste Notruf bei der Feuerwehr Einsatzstellte ein. Ein Taxifahrer hatte den Feuerschein bemerkt und die "112" gewählt. Parallel liefen auch bei der Polizei mehrere Notrufe ein. Wenige Minuten später war der Löschzug der Berufsfeuerwehr vor Ort, der Kirchturm brannte lichterloh - wie eine große Fackel. Schon von Bovenden aus konnte man die Rauchwolke und den orange erleuchteten Himmel sehen. Die Alarmstufe wurde erhöht: Die Freiwilligen Feuerwehren Stadtmitte, Grone und Geismar wurden zur Einsatzstelle beordert. Von der Uniwache kam eine weitere Drehleiter.

Durch einen umfassenden Löschangriff über insgesamt drei Drehleitern, mehrere Wasserwerfer und einen Innenangriff im Nord- und Südturm wurden die Flammen bereits nach einer halben Stunde weniger. Die Anzahl der Schaulustigen hingegen erhöhte sich immer mehr. Probleme gab es mit der Höhe des Kirchturmes (72 Meter): Die Drehleitern der Feuerwehr können nur eine maximale Höhe von 30 Metern erreichen. Trotzdem gelang es, die Flammen zu bekämpfen. Personen wurden glücklicherweise nicht verletzt.


25 Anwohner aus umliegenden Häusern mussten jedoch evakuiert werden. Durch die Unmengen an Löschwasser kam es im Kirchenschiff zu einem Wasserschaden. Der Gesamtschaden beläuft sich auf insgesamt mehrere Millionen Euro. Ein Gottesdienst ist vorerst nicht möglich. Zur Brandursache machte die Polizei noch keine Angaben. Der Pastor der betroffenen St. Johannis Gemeinde, Rudolf Grote, vermutet aber, dass es sich um Brandstiftung handelt. Nach dem Brandausbruch seien Personen auf dem Baugerüst gewesen.

Die Schadensstelle wurde weiträumig abgesperrt, weil von der Kirchturmspitze mitsamt ihres schweren Wetterhahns eine große Gefahr ausging: Sie drohte nach unten zu fallen. Trotzdem konnten - auch am ganzen Sonntag - unzählige Passanten die interessanten Arbeiten aus sicherer Entfernung beobachten. Der Busverkehr wurde über die Fußgängerzone umgeleitet, die Ersatzhaltestelle befand sich genau am Gänseliesel.


Schon in der Nacht wurde ein Kran organisiert, der eine entsprechende Höhe hat. Dies erweis sich jedoch als sehr schwierig. Die Feuerwehr-Einsatzleitstelle suchte mit Hilfe von anderen Leiststellen im gesamten Bundesgebiet nach einem solchen Gefährt. Schließlich wurde man in Braunschweig fündig, wo es einen 100 Meter hohen Kran gibt. Der Aufbau dieses Kranes dauerte am Sonntag Mittag fast drei Stunden. In einem kleinem Korb stiegen Höhenretter der Berufsfeuerwehr in die Luft, um den abgebrannten Turm aus der Nähe zu begutachten. Schließlich wurde mit einem zweiten Kran aus Göttingen in umfangreicher und äußerst schwieriger Arbeit der gesamte Giebel entfernt und gegen 18 Uhr nach unten transportiert. Dazu leuchtete auch das THW die Einsatzstelle aus.


Die Verpflegung der Einsatzkräfte klappte sehr gut. Der angrenzende Ratskeller spendete Suppe, die Feuerwehr Geismar servierte Würstchen, am Abend gab es Brötchen im Alten Rathaus. Am Sonntag wurde noch die Ortsfeuerwehr Weende alarmiert. Gemeindepastor Grote dankte im Nachhinein allen Feuerwehrkräften: "Ich hatte den Eindruck, dass die Feuerwehr an die Grenzen dessen gegangen ist, was sie leisten kann!" Oberbürgermeister Jürgen Danielowski fügt hinzu: "Ein schwerer Schlag hat Göttingen getroffen."

Die St. Johannis Kirche - ein Wahrzeichen von Göttingen - wurde im 14. Jahrhundert erbaut und hat zwei Türme. Im jetzt abgebrannten Nordturm befand sich lange Zeit die berühmte Türmerwohnung, die an Studenten vermietet wurde. Doch wegen der unzureichenden Brandsicherheit durfte sie seit etwa drei Jahren nicht mehr bewohnt werden. Das endgültige "Aus" für die ehemalige Türmerwohnung auf dem Nordturm kam am 22. August 2003: Laut Mitteilung der Stadtverwaltung hat die Wohnung keine "Aufenthaltsqualität" mehr, weil Fluchttreppen fehlen. Mit der Renovierung des Turmes ist der für die Wohnung bisher geltende Bestandsschutz erloschen. Dafür wurde aber am 5. November 2004 beschlossen, dass eine touristische Nutzung im Nordturm angestrebt wird. In den vergangenen Jahren wurde die Kirche für 7,3 Millionen Euro saniert, am 30. April 2005 sollte das Ende der Arbeiten gefeiert werden. Der Nordturm war bereits besenrein. Aus diesem Termin wird nun nichts. Pastor Grote: "Wir bauen natürlich wieder auf."

Kreisfeuerwehrverband Göttingen e.V.

Medien-Bericht vom 24.1.2005:
Der folgenschwere Brand einer gotischen Kirche in der deutschen Stadt Göttingen ist aufgeklärt. Nach Polizeiangaben vom Montag wurden zwei Schüler gefasst. Der 15- und der 19-Jährige hätten gestanden, das Feuer gelegt zu haben.

Bei dem Brand in der Nacht auf Sonntag wurde der 72 Meter hohe Nordturm der Johanniskirche weitgehend zerstört. Das 72 Meter hohe Wahrzeichen drohte einzustürzen. Ein Spezialkran trug die Spitze ab. Nach ersten Schätzungen beträgt die Schadenshöhe zwei bis drei Millionen Euro.

Die beiden Türme der Kirche waren erst kürzlich für rund 7 Millionen Euro aufwendig saniert worden, die Renovierung dauerte rund vier Jahre. Die Johanniskirche mit ihren zwei Türmen ist eines der Wahrzeichen der Stadt Göttingen.

Züricher Zeitung



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