Nö: Wohnhaus nach Gasexplosion in St. Pölten eingestürzt -> 5 Tote geborgen
Geschrieben am: 2010-06-03 13:03:26

St. Pölten (Nö): Fünf Personen gelten nach der Hausexplosion in St. Pölten laut Polizei als vermisst. Insgesamt waren sieben Personen in dem Haus gemeldet. Zu zwei hatte man bereits Kontakt. Sie befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion im Urlaub.

Update: 09.00 Uhr, 5. Juni - Leck in der Gasleitung als Ursache

Um etwa 8.00 Uhr erschütterte am 3. Juni 2010 ein lauter Knall St. Pölten. Vermutlich durch eine Gasexplosion stürzte am Spratzerner Kirchenweg ein Wohnhaus ein und ging in Flammen auf. Laut Polizei dürften sich zu dem Zeitpunkt fünf Personen im Haus aufgehalten haben. Die Rettungskräfte können aufgrund der starken Rauchentwicklung noch immer nicht in das eingestürzte Haus vordringen. Seit Stunden versucht die Feuerwehr, das brennende Gebäude zu löschen.
Die Wucht der Explosion war so heftig, dass die Nachbarhäuser massiv beschädigt wurden: Teilweise seien die Fensterstöcke herausgerissen und 30 Meter weit weggeschleudert worden, schilderten Einsatzkräfte. Aus Nachbarhäusern seien vier Menschen geborgen worden, sagte Rotkreuz-Sprecher Andreas Zenker. Drei davon wurden mit Rauchgasvergiftungen ins Spital gebracht. Außerdem mussten 15 weitere Personen aus der Nachbarschaft in Sicherheit gebracht werden.


Um weitere Explosionen zu verhindern, drehte die EVN vor kurzem die Gaszufuhr zum eingestürzten Haus ab. Trotzdem dürfte noch immer Gas ausströmen. Deshalb wurde im gesamten Stadtteil St. Pölten-Süd nun das Gas abgedreht. Der Stadtteil wurde großräumig evakuiert, wofür eine eigene Polizeieinheit zusammengestellt wurde. Donnerstagmittag wurde bereits das Dach des teilweise eingestürzten Hauses weggehoben. Nun wurde versucht, mit massivem Bagger- und Schaufeleinsatz sukzessiv zu den Wohn- und Schlafräumen vorzudringen, berichtete Fahrafellner. Dabei kam ein 65-Tonnen-Kran zum Einsatz.


Derzeit sind 500 Feuerwehrleute, vor allem Atemschutzträger, im Einsatz - sowie 50 Männer und Frauen vom Arbeitersamariterbund und vom Roten Kreuz. Sie haben ein Psychosoziales Betreuungsnetz mit Möglichkeit zur Krisenintervention aufgebaut. Auch zwei ÖAMTC-Rettungshubschrauber sind am Unglücksort.
Das Geschehen erinnert an die Gasexplosion, die vor mehr als zehn Jahren - am 2. Dezember 1999 - ein Wohnhaus in Wilhelmsburg in einen gigantischen Trümmerhaufen verwandelte. Damals starben neun Menschen.

Update der Feuerwehr St. Pölten um 18.00 Uhr
Löscharbeiten dauern noch an, bis jetzt 2 Todesopfer geborgen (17.14 Uhr und 17.34 Uhr). Abtragung des Trümmerkegels läuft weiter, sämtliche Arbeiten unter Atemschutz, das LKA NÖ hat mit der Ursachenerhebung begonnen. 250 ATS Träger bisher eingesetzt. über 150 Tonnen Schutt wurden bis dato per Container abtransportiert.



Update der Feuerwehr St. Pölten um 22.30 Uhr
Momentan ist die Lage und Situation unverändert. Die Aufräumarbeiten sind am Laufen, die Ablöse der tagsüber eingesetzten Feuerwehrkräfte ist voll angelaufen. Die Arbeiten werden in der Nacht fortgesetzt.

ORF Niederösterreich
FF St. Pölten-Stadt



Oö. Nachrichten -> 5 TOTE GEBORGEN
Ein Knall erschütterte gestern um 8 Uhr den Bereich am Spratzerner Kirchenweg, 400 Meter vom Landhaus in St. Pölten entfernt. Austretendes Gas hatte ein Mehrfamilienhaus zum Einsturz gebracht. Alle fünf im Haus vermuteten Personen wurden tot geborgen.
Drei Menschen wurden, gestern Abend noch vermisst, ein Großaufgebot an Helfern suchte unter den Trümmern weiter. In der Nacht auf Freitag sind weitere zwei Todesopfer geborgen worden. Wie die Einsatzleitung erklärte, wurden damit alle fünf Personen, die zum Unglückszeitpunkt am Donnerstag gegen 8.00 Uhr in dem Haus vermutet worden waren, tot aufgefunden. Die genauen Identitäten der Opfer waren vorerst noch nicht bekannt.
Die Rettungsarbeiten wurden in den Nachtstunden fortgesetzt, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich noch weitere Personen in dem Haus aufhielten. Dies wurde aber als "eher unwahrscheinlich" eingestuft. Dennoch sollte in der Nacht "der ganze Schuttkegel" weggeräumt werden, wie es seitens der Einsatzleitung hieß.


In dem Haus wohnten ein älteres Ehepaar, dessen Tochter sowie Enkeltochter. Zudem dürfte der Lebensgefährte der Tochter, ein Nigerianer, zu Gast gewesen sein, als die Explosion erfolgte. Er war offenbar im Wirtschaftshof der Stadt St. Pölten im Außendienst beschäftigt und bereits seit längerem in St. Pölten aufhältig. Ursprünglich war er als Zeitungsverkäufer tätig gewesen. Der Vater der Frau war wiederum ein passionierter Kunstmaler.
Drei Menschen entkamen der Katastrophe wie durch ein Wunder: Ein älteres Ehepaar befand sich zum Zeitpunkt der Explosion im Urlaub in Breitenbrunn. Eine weitere, unter den Trümmern vermutete Person hatte das Haus in den frühen Morgenstunden verlassen.

Rauchentwicklung war Hauptproblem der Bergerung
Hauptproblem bei der Bergung war die enorme Rauchentwicklung durch den Folgebrand nach der Explosion, sagte Bezirksfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner. Noch um 11 Uhr herrschte wegen der anhaltend hohen Gaskonzentration Explosionsgefahr durch aus einem Kanal austretendes Gas. Sie konnte erst gebannt werden, als Techniker der „Energieversorgung Niederösterreich“ (EVN) den Kanal lüfteten. Bis Donnerstagabend hatten die Feuerwehrleute rund 200 Tonnen Schutt großteils händisch entfernt. Das Haus war teils aus Ziegeln, teils mit Stahlbeton errichtet worden, was die Bergearbeiten zusätzlich erschwerte.
Zu Mittag wurde das Dach des teilweise eingestürzten Hauses weggehoben, um die verbliebenen Glutnester abzulöschen. Dann versuchten die Einsatzkräfte, mit bis zu 60 Tonnen schweren Baggern und mit Schaufeln zu den Wohn- und Schlafräumen vorzudringen. Auch die Rettungshundestaffel des Landes Niederösterreich kam zum Einsatz. Der Stadtteil wurde evakuiert.


Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Unterdessen leitete das Landeskriminalamt Niederösterreich Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Gemeingefährdung ein. Man sei in einer „Wartestellung“, Bergearbeiten hätten Vorrang. Es sei „eine generelle Überprüfung, ob irgendeine Sorgfalt außer Acht gelassen wurde“, sagte Schüller. „Es ist so, dass Fremdverschulden in solchen Situationen nie auszuschließen ist“, meinte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen beschränkten sich Schuller zufolge auf Umfelderhebungen und Befragungen von Zeugen.
Wie der Leiter der EVN St. Pölten, Herbert Bugl, bestätigte, war es am Mittwochabend wegen eines schadhaften Kabels zu einem Stromausfall in der Umgebung gekommen. Das Kabel sei vom Netz genommen worden, die betroffenen Haushalte wurden aus anderen Leitungen gespeist. Möglicherweise hat der Stromausfall etwas mit der Katastrophe zu tun, Bauarbeiten hatte es aber weder im Haus noch auf der Straße gegeben.

Verletzte in den Nachbarhäusern
Aus den Nachbarhäusern wurden vier leicht Verletzte evakuiert, 15 weitere Personen mussten in Sicherheit gebracht werden. Sie kamen vorläufig in Hotelzimmern und Wohnungen unter.
In den Nachbarhäusern wurden noch in 20 Meter Entfernung Fensterstöcke herausgerissen und 30 Meter weit weggeschleudert, auch geparkte Autos sind schwer beschädigt. In weiten Teilen St. Pöltens wurde die Gasversorgung abgesperrt, hier galt auch absolutes Rauchverbot.

Oö. Nachrichten


Update der FF St. Pölten - Abschlussmeldung per Mittag des 4. Juni 2010

Rückblick:
Am 03. Juni 2010 ereignete sich gegen 08.00 Uhr früh eine folgenschwere Gasexplosion im Süden der Landeshauptstadt St. Pölten. An der Ecke Munggenaststraße / Spratzerner Kirchenweg kam es in einem 1-stöckigen Mehrfamilienhaus zu der tragischen Explosion. Anfangs ging man von 7 vermissten Personen aus, im Laufe der Rettungs- und Löscharbeiten fand sich ein Ehepaar, welches ebenfalls in diesem Haus wohnte, an der Einsatzstelle ein. Die Vermisstenzahl sank somit auf 5 Personen. Die angrenzenden Häuser und Straßenzüge wurden durch die Exekutive evakuiert, die Personen wurden in der Grillparzer-Volksschule untergebracht.


Schwierig gestalteten sich die Löscharbeiten an der Einsatzstelle, durch den Folgebrand nach der Explosion bildeten sich immer wieder Brandstellen die durch die Löschkräfte sehr schwer erreichbar waren. Problematisch war die immense Rauchentwicklung, die ein effizientes Arbeiten nur durch umluftunabhängigen Atemschutz möglich machte.

In den ersten Stunden war noch immer ein EX – Bereich messbar, so mussten die Arbeiten unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werde. Es erfolgte auch die weiträumige Absperrung des Einsatzareals, um auch den anrückenden weiteren Kräften ausreichend Abstellplätze zu ermöglichen.


Durch händisches Arbeiten der Feuerwehreinsatzkräfte sowie der Hilfe durch ein Kranfahrzeug, mehrerer Bagger und Containerfahrzeugen des Wirtschaftshofes St. Pölten wurde der Trümmerkegel Stück für Stück abgetragen und nach den Vermissten gesucht.
Um 17.14 konnte der erste Leichnam geborgen werden, um 17.34 wurde eine zweite Person tot aufgefunden. Die beiden verstorbenen Personen dürften sich im 1. Stock des Hauses befunden haben. Gegen 22.40 Uhr wurde eine dritte Person tot aufgefunden, in den Nachtstunden auf den 04. Juni 2010 wurden auch die letzten beiden vermissten Personen tot aus dem Trümmerhaufen geborgen.


Auch nach der Totenbergung wurde er Trümmerkegel weiter durchsucht, um das Auffinden von weiteren Personen auszuschließen. Anwesende Hundestaffeln konnten aufgrund der immensen Rauchentwicklung nicht eingesetzt werden.

Lage um 08.00 Uhr früh:
„Brand Aus“ konnte um 04.45 gegeben werden, der Feuerwehreinsatz wurde um 05.00 Uhr für beendet erklärt. Weitere Personen wurden im Trümmerkegel nicht gefunden. Die gesamte Einsatzstelle wurde polizeilich abgesperrt, die Erhebungsarbeiten des LKA und BKA beginnen in den Vormittagsstunden.


Über eine mögliche Ursache für das Unglück kann derzeit noch keine Information gegeben werden.
Von der Einsatzstelle wurden über 440 Tonnen an Schutt und Material mit 60 Containertransporten zur Deponie St. Pölten verbracht. Auf der Deponie Ziegelofen wurde eine Brandwache sichergestellt, um verbliebene Glutnester beseitigen zu können.


Statistik:

Feuerwehr
Eingesetzte Feuerwehren: 33
Personal: 620, davon über 250 Atemschutzgeräteträger
Fahrzeuge: 75
Sonderfahrzeuge: 3 Atemluftfahrzeuge (St. Pölten, Melk, Tulln), Kranfahrzeug 50t, Drehleiter, Einsatzleitfahrzeug, Messdienstfahrzeug. Durch die Atemluftfahrzeuge wurden über 700 Atemluftflaschen befüllt.

Rettungsdienst
Personal: 110 (mehrere Rettungswagen, zwei Rettungshubschrauber, zwei Notarzwagen mit gesamt 4 Notärzten), 8 Mitglieder des KrisenInterventionsTeams

Exekutive
Personal: über 100 (BPD St. Pölten, LKA NÖ, BKA +
1Polizeihubschrauber), Hundestaffeln
Öst. Rettungshundebrigade, Rettungshunde Niederösterreich sowie die ÖHU Suchhundestaffel mit gesamt 30 Personen und 13 Hunden.
Gesamt waren über 900 freiwillige Helfer verschiedenster Einsatz- und Hilfsorganisation eingesetzt.

FF St. Pölten-Stadt
Freiw. Feuerwehr St. Pölten-Wagram


Update per 5. Juni - Leck in der Gasleitung
Bei den Untersuchungen der Explosionsursache in St. Pölten wurde bei Grabungsarbeiten ein Leck in einer Gasleitung gefunden. Das dürfte gemeinsam mit einer Hochspannungsleitung die Ursache für das Unglück sei.

Gasleitungsleck durch Lichtbogen entstanden: Das Leck befindet sich an der Kreuzung in unmittelbarer Nähe des durch die Explosion vollkommen zerstörten Hauses. Das Leck dürfte zwischen fünf und zehn Zentimeter im Durchmesser betragen, erklärt der St. Pöltner Staatsanwalt Karl Fischer. "Es hat sich gezeigt, dass dort, wo die Gasleitung mit der Starkstromleitung zusammentrifft, sich ein Loch befindet." Die Ursache für dieses Leck ist nun weitgehend geklärt, sagt der Brandsachverständige Christian Tisch: "Das Leck ist darauf zurückzuführen, dass im Kreuzungsbereich der Gasleitung mit drei 20-Kilovoltleitungen, ein Kurzschluss zwischen zwei Kabeln aufgetreten ist und dieser Lichtbogen zwischen diesen Hochspannungsleitungen in weiterer Folge das darunter liegende Gasrohr durchgebrannt hat", so Tisch. Der Stromausfall am Vortag des Unglücks dürfte mit dem Vorfall in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Das Gas hat sich dann entlang der Rohre ausgebreitet und ist in den Keller des Hauses gesickert. Laut Tisch reicht ein Funke eines Lichtschalters oder Elektrogeräts, um das Gas-Luft-Gemisch zu entzünden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Gemeingefährdung, konkrete Verdächtige gebe es aber nicht, so Fischer. Die Ermittler arbeiteten sich Meter für Meter an jener Gasleitung entlang, die für das Unglück mitverantwortlich sein dürfte. "Es geht, beginnend von einer Grabungsfirma, über EVN, über Arbeiter ... Es ist noch zu früh, konkret irgendjemanden für irgendetwas zu beschuldigen", sagte Fischer gegenüber dem ORF Niederösterreich.
Zu dem Leck als möglicher Unglücksursache nahm Peter Layr von der EVN gegenüber dem ORF Stellung und sagt, es werde nun gepüft, ob bei der Verlegung der Leitung alle Vorschriften eingehalten wurden. "Es ist so, dass es uns völlig unvorbereitet und unerwartet getroffen hat, denn es gab vorher weder eine Meldung von Gasgeruch noch eine Gebrechensmeldung an die Einsatzorganisationen wie EVN , Feuerwehr oder Polizei", sagte Layr im Exklusivinterview.
"Das Leck war bis heute bei Freilegung der Schadensstelle eigentlich für alle unerwartet und neu. Das Schadensbild jetzt nach Freilegung dieser Schadensstelle zeigt, dass es offenbar 20 Jahre nach Verlegung eines Gasanschlusses im Kreuzungsbereich dieses Hausanschlusses mit einem Hochleitungskabels zu einer undichten Stelle, einem Leck an der Gasleitung gekommen ist", so Layr.
"Dieses Leck ist höchstwahrscheinlich durch eine Stromstörung, durch einen Funkenflug, durch einen Kurzschluss beim Stromkabel verursacht worden. Das muss aber jetzt näher untersucht werden."

ORF Niederösterreich



Gedruckt von fireworld.at Onlinemagazin und interaktives Portal für die Feuerwehren (http://www.fireworld.at/cms/story.php?id=27747)