Taming the Dragon - Der Reisebericht

Fireworld - Besondere Übungen
Taming the Dragon - Der Reisebericht

Text und Fotos: Hermann Kollinger

"Taming the Dragon", den Drachen zähmen, unter dieser Bezeichnung fand im Mai 2002 im kroatischen Makarska eine internationale Katastropheneinsatzübung statt. Rund 1.200 Kräfte aus 22 Nationen nahmen an dieser Großübung teil. Österreich war eine der teilnehmenden Länder und stellte das größte Auslandskontingent bei. Dazu wurde eine Feuerwehreinheit, bestehend aus 132 Feuerwehrleuten mit 39 Einsatzfahrzeugen, in das Übungsgebiet entsandt. Diesem Auslandskontingent gehörten auch 25 Mann aus Oberösterreich an.

Der folgende Beitrag weist den Schwerpunkt Oberösterreich auf, erklärt aber dennoch auch die Rollen der anderen teilnehmenden Bundesländer Österreichs und soll die Übung zum "Nacherleben" schildern.


Österreichische Feuerwehreinheiten in Kroatien.

>>> Zahlreiche Bilder finden Sie bereits in den Vor-Ort-Beiträgen (siehe Menüauswahl), die per Laptop und Handy vor Ort eingefügt worden sind!

Bereits mehrmals wüteten in Kroatien großflächige Busch- und Waldbrände, die verheerende Schäden mit sich brachten. Aufgrund der in den Sommermonaten sehr trockenen Vegetation kann sich ein entstehender Brand rasend schnell zu einem großflächigen Buschfeuer ausbreiten.

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit ließen den Entschluss fassen, eine groß angelegte Übung mit den vielfältigsten Aufgaben in den Bereichen
a) Brandbekämpfung
b) Verkehrsunfall mit Schadstoffaustritt
c) Evakuierung der Bevölkerung
d) Bergrettung
e) Search and Rescue
f) Wasserrettung
durchzuführen.

Ziel der Übung war vor allem, die Abläufe im EADRCC (siehe beteiligte Organisationen) zu üben sowie Erfahrungen über die EAPC zu sammeln. Für die südosteuropäischen Länder soll die Möglichkeiten geschaffen werden, in eventuellen Katastrophenfällen besser zu reagieren und somit effizienter helfen zu können.
Insgesamt nahmen an der Übung rund 1.200 Mann mit 200 Einsatzfahrzeugen, 6 Flugzeugen, 8 Hubschrauber, 1 Schiff sowie 10 Booten teil.

Beteiligte Organisationen

  • Euro-Atlantisches-Katastrophen Reaktions-Koordinations-Zentrum (EA-DRCC)
  • Euro-Atlantische-Katastrophen Reaktions-Einheit (EADRU)
  • UN-Büro - Koordination von humanitären Angelegenheiten (UNOCHA)
  • Katastrophen Vorbereitungs- und Präventionsinitiative des Stabilitätspaktes (DPPI) Führungskommando
  • Führungsoffiziere - Kroatisches Ministerium für Inneres
  • Internationales Personal im NATO Hauptquartier
  • Lokale Notfalls Management Behörde - LEMA
  • Dirigierendes Personal (Distaff`s)

Ausgangslage der Übung
Aufgrund der umfangreichen Aufgabenstellungen, die auch andere Einsatzorganisationen betroffen haben, beschränken sich die Ausführungen in Folge auf das Feuerwehrgeschehen: In den Morgenstunden des 19. Mai 2002 werden durch Gewitter ohne Regen, jedoch mit starkem Südostwind, zwischen Makarska und Baska Voda mehrere Busch- und Waldfeuer entfacht. Durch eine zuvor lange andauernde Trockenheit können sich die Brände rasch ausbreiten und in Folge zu einem Großflächenfeuer vereinen. Die meisten Brandherde wenden sich in Richtung Baska Voda und Dörfern am Fuße des Berges Biokovo und bilden auf diese Weise eine Hauptfeuerfront in Richtung Makarska. Sechs Stunden später dreht der Wind auf Nordwest und bewirkt, dass sich die Flammen in Richtung Makarska, einem Dorf am Steilhang des Biokovo, der Adriatic Autobahn und dem Meer wälzen. Mehrere Dörfer, in denen sich zum Teil auch Hotels und Urlaubszentren befinden, sind auf diese Weise gefährdet. Die Situation wird dramatisch gefährlicher, der Strom muss abgeschaltet werden, großflächige Evakuierungen werden erforderlich.

Sofort nach dem Brandausbruch beginnen lokale und nationale Feuerwehren mit der Brandbekämpfung. Als Konsequenz der Dürreperiode brechen aber mehr und mehr Brände aus. Auch die Armee wird zur Hilfeleistung und Ablösung der Kräfte einberufen. Trotz aller Bemühungen der eingesetzten Helfer sind die Feuer am Morgen des 20. Mai 2002 nicht wirklich unter Kontrolle und nähern sich den Außenbezirken populationsstarker Gebiete. Die LEMA, eine lokale Notfallsmanagement-Behörde, sucht um internationale Hilfe an.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt somit die Involvierung der ausländischen bzw. österreichischen Feuerwehreinheiten. Diese wird in Folge unter der Bezeichnung CRAFT AUSTRIA (Combined Rescue und Firefighting Team Austria) in Kroatien auftreten.

Mögliche Zusatzaufgaben
Neben den oben genannten Hauptaufgaben war geplant, weitere Übungseinlagen in das Geschehen einzubauen. Diese waren unter anderem:

  • Einsturz eines Hauses - 2 Arbeiter verschüttet
  • 3 verschüttete Bergsteiger am Biokovo
  • Kollision von einem Segelboot und Motorboot - zwei Personen vermisst
  • Alle Feuerlinien wurden in der Nacht überschritten
  • Brandausbreitung zum Campingplatz
  • 2,5 km breite Feuerfront nähert sich Häusern und Camp
  • Kollision auf der Autostraße mit Autobus und Lkw (Ladung: 20 Containern - 50 kg flüssiges Chlor). Ein Lkw stürzt um, ein Container wird undicht, Chlorgas und Treibstoff treten aus - 1 Fahrer, 25 Passagiere leicht verletzt, 10 Insassen schwer verletzt - Ersthelfer werden schwer kontaminiert - 150 m entfernt Waldbrand
  • Wanderer am Biokovo eingeschlossen - kein Wasser und keine Lebensmittel - Rettung über Luftweg

Niemand der Beteiligten wusste im Vorfeld, wer damit konfrontiert werden würde. Auch für Österreich bestand die Möglichkeit, während eines Einsatzes ohne Vorankündigung zu einem der oben bezeichneten Zusatzszenarien alarmiert zu werden.

Ziele für Österreich:

  • Die Überprüfung der Stabsarbeit vor Ort
  • Test der Mannschaft sowie der eingesetzten Ausrüstung
  • Demonstration des Stellenwertes der österr. Feuerwehren im Ausland
  • 1. Auslandseinsatz für die 18. FuB-Einheit (Oö)

Vorbereitungen
Für die Übung selbst waren umfangreiche Vorbereitungsarbeiten erforderlich, die einen reibungslosen Ablauf gewährleisten sollten. Zahlreiche Besprechungen der Abläufe, Behördengänge und administrative Tätigkeiten, Erstellen von Inventarlisten für den gesamten Fahrzeugkonvoi, Erfassen aller Daten der Fahrzeuge (Zulassungen, etc.). und vieles mehr. Um den gesamten Übungsablauf noch besser koordinieren zu können bzw. die logistischen Maßnahmen (wo tanken die Fahrzeuge, Einkauf der Lebensmittel, Aufstellungsorte im Camp,?) bereits im Vorfeld festlegen zu können, fand eine eigene Vorfahrt ins Übungsgebiet statt (für den konkreten Einsatzfall ist diese Vorgehensweise natürlich nicht anzuwenden).
Als gemeinsamer Ausgangspunkt des 39 Fahrzeuge umfassenden MOT-Marsches (= motorisierter Marsch) wurde Lebring in der Steiermark festgelegt. Von dort aus sollte sich der Konvoi - bestehend aus Feuerwehrkräften aus den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Salzburg, Burgenland und Wien - am Pfingstmontag, dem 20. Mai 2002, Richtung Kroatien in Bewegung setzen.

Der MOT-Marsch
Treffpunkt für die 25 Teilnehmer aus Oberösterreich war der 20. Mai 2002, 09.30 Uhr im Landes-Feuerwehrkommando in Linz, um von dort aus mit neuen Fahrzeugen sowie zwei Anhängern nach Lebring abzurücken. Aufgrund des pünktlichen Eintreffens der Mitfahrenden konnte die Abfahrt bereits auf 09.45 Uhr vorverlegt werden und der Zug bewegte sich in Richtung Lebring. Nach dem ersten Auftanken der Fahrzeuge an einer Lebringer Tankstelle wurde das Gelände der LFS Steiermark schließlich um 13.45 Uhr erreicht. Dort erfolgten die Ausstattung der Fahrzeuge mit den entsprechenden Fahrzeugnummern und Bezeichnungen sowie die Aufstellung für die Verabschiedungsveranstaltung, welche für 16.30 Uhr festgelegt war. Weiters erhielt jeder Teilnehmer ein vorbereitetes Lunchpaket für die gesamte Dauer der Fahrt. Darin befand sich unter anderem Brot, Wurst, Getränke sowie ein Müsli-Riegel und Obst.

Gegen 17.00 Uhr war es schlussendlich so weit, 39 Feuerwehrfahrzeuge setzten sich im Konvoi in Bewegung, um nach Makarska in Kroatien aufzubrechen.
Eine knappe Stunde später der erste Halt, der Grenzübergang nach Slowenien. Nach einem kurzen Aufenthalt rollte der Konvoi unter polizeilicher Begleitung wieder weiter. Straßenkreuzungen und Ampeln konnten auch im Stadtbereich ungehindert passiert werden, da alle dazu notwendigen Absperrmaßnahmen durch die Polizei getroffen worden sind.
Nach der Durchführung einer administrativer Aktionen am Grenzübergang nach Kroatien und dem Wechsel der Polizeieskorte war eine Tankstelle in Karlovac der erste Halt der knapp 40 Feuerwehrfahrzeuge. 194 Kilometer wurden zwischenzeitlich seit Lebring zurückgelegt.
Aufgrund der sehr guten Administration der Führungskräfte sowie der Tatsache, dass gleichzeitig immer mehrere Fahrzeuge betankt werden konnten, waren alle Treibstofftanks sehr rasch wieder befüllt und die Fahrt konnte fortgesetzt werden. Karlovac bedeute aber zeitgleich auch das Ende der Autobahn, ab sofort würde sich der Konvoi nur mehr über Bundesstraßen bewegen.

Zeugen des Krieges
Die nächtliche Reise führte die MOT-Marsch-Besatzung auch durch ehemaliges Kriegsgebiet, zahlreiche zerstörte Häuser und Einschusslöcher in den Ruinen sind immer noch erinnerungsstarke Zeitzeugen an intensive Kampfhandlungen. Auch der Wettergott meinte es anfangs nicht wirklich gut, Regen trübte mehrmals die Fahrt ins Zielgebiet.
Kleinere Pausen nach jeweils mehr als 120 km Fahrt stellten für die Beteiligten eine der wenigen Möglichkeiten zum Vertreten der Füße dar. Ebenso wurden zwischendurch Fahrzeuge mit kleineren Treibstofftanks von einem kleinen Tankfahrzeug der BF Wien versorgt. Der zweite große Tankstopp lag bereits nicht mehr allzu weit vom Zielort, Baska Voda, entfernt.

Erreichen des Camps
Für den Marsch wurde eine Fahrzeit von rund 17 bis maximal 20 Stunden einkalkuliert. Aufgrund der hohen Disziplin der jeweiligen Fahrer sowie der gesamten Mannschaft konnte diese Reisezeit in der Praxis auf 14 Stunden reduziert werden. So erreichten die Helfer aus Österreich gegen 07.00 Uhr morgens am Dienstag, dem 21. Mai 2002, schlussendlich ihr Camp in Baska Voda. Der Lagerplatz glich einem Wald, war aber durchaus ansprechend.

Nach der Zuteilung der Aufstellungsplätze, diese wurden bereits mit Bedachtnahme auf die Zusammenstellung der einzelnen Züge eingeteilt, konnten die Feuerwehrkräfte - die meisten waren zu diesem Zeitpunkt bereits durchgehend seit dem Vortag auf den Beinen - mit dem Aufbau ihrer Lagerzelte beginnen.
Mit vereinten Kräften wurde auch zusammen geholfen, die Küchenausrüstung - welche vom Oö. Landes-Feuerwehrverband beigestellt worden ist - bzw. das Zubehör (Tische, Bänke, Zelt) aufzubauen und die Betriebsbereitschaft herzustellen. Gegen die Mittagsstunden waren alle Aufbauarbeiten abgeschlossen, der Nachmittag stand zur freien Verfügung. Für die meisten Teilnehmer bestand das Nachmittagsprogramm jedoch aus dem Nachholen des bereits längst fälligen Schlafes. Einige von ihnen schlossen den Tag mit einem Gang ins direkt an den Campingplatz angrenzende Meer.

Mittwoch - Der 1. Übungstag
Der Tag begann für die 132 Österreicher um 06.00 Uhr morgens! Zur Körperpflege standen im Gelände mehrere Gebäude mit Duschen, WC und Waschgelegenheiten zur Verfügung. Für die Küchenmannschaft war die Nacht bereits um 04.00 Uhr morgens zu Ende, sie musste für alle 132 Mann den "Morgenmampf" sowie die Lunch-Pakete für den Tag vorbereiten. Nach dem morgendlichen Stärkung der Kräfte stand für 08.00 Uhr die Ausgabe des Einsatzbefehles für den ersten Übungstag auf dem Programm. Wie jedoch in mehreren Hinsichten wirkte sich das südländische Temperament auch auf die Uhrzeiten etwas aus. Dies bedeutet, dass die vorgegebenen Uhrzeiten nicht allzu genau eingehalten worden sind und mehrmals nichts übrig geblieben ist, als einfach zu warten.

Der Einsatzauftrag für den ersten Tag bestand, wie auch an den folgenden Übungen, primär in der Wasserversorgung. Ausgangsszenario waren ausgedehnte Waldbrände auf einem Hochplateau bei Cista Velika. Das Gebiet lag auf einer Seehöhe von ca. 800 Meter und 72 Kilometer vom Camp der Österreicher entfernt. 108 Mann des österr. Hilfskontingentes hatten an diesem Tag mit 28 Fahrzeugen die Aufgabe, den Bodenstützpunkt eines Landeplatzes für die löschwassertransportierenden Hubschrauber mit Wasser zu versorgen und im Tal die entsprechende Koordinierungsstelle einzurichten. Die Löschwasserentnahmestelle lag rund 20 Kilometer vom Einsatzgebiet entfernt. Um das kühle Nass zum gewünschten Ort zu bringen, wurden zwei Tragkraftspritzen eingesetzt, um das Wasser aus dem Fluss Cetina zu entnehmen. Der Fluss war von einer steilen, schrägen Mauer eingegrenzt und so entschied sich die Einheit aus Oberösterreich, ihre TS per Seil über die Schräge abzusetzen. Die Kräfte aus Niederösterreich hoben ihre Pumpe per Kran eines Wechselladerfahrzeuges zur Entnahmestelle. Mittels Pendelverkehr mehrerer Tanklöschfahrzeuge wurde das Löschwasser in Folge zum Hubschrauberplatz 20 Kilometer weiter gebracht. Die Pendelzeit lag bei ca. 15 Minuten pro Richtung.

Die CRAFT-Flugdiensteinheit aus Niederösterreich richtete per Falttank eine Löschwasser-Betankungsstelle ein. Aufgrund eines kurze Zeit später auftretenden Defektes des eingesetzten Hubschraubers aus Slowenien war kein weiterer Wasserbedarf aus dem Wasserpuffer erforderlich. So wurde der Auftrag dahingehend umdisponiert, dass die im Pendelverkehr fahrenden Tanklöschfahrzeuge direkt auf den Kamm des Berges anrücken sollten, um dort Löscharbeiten in Zusammenarbeit mit ausländischen Einheiten durchzuführen. Der Weg führte die Besatzungen dieser TLF nach einem steilen Berghang mitten ins dichte Waldgebiet. Nur ein Waldweg, der zuvor von einem Bulldozer der heimischen Armee geebnet worden ist, führte zum angenommenen Brandherd. Im Aufgabengebiet wurde zum einen ein dort mit einem Wasserwerfer eingesetztes Tanklöschfahrzeug aus Italien gespeist und zum anderen selbst mit dem Wasserwerfer gearbeitet.
Trotz kleinerer Kommunikationsschwierigkeiten, die jedoch mit "Hand-und-Fuß-Zeichen" gelöst werden konnten, konnte auch dieses Vorhaben zufrieden stellend bewerkstelligt werden.

Ingesamt transportierte die österreichische Feuerwehreinheit an diesem Tag 156.000 Liter Wasser. Alleine für den Wassertransport wurden 923 Kilometer zurückgelegt, alle eingesetzten Fahrzeuge zusammen erreichten eine Kilometerleistung von 3.083. Die beiden eingesetzten Einsatzleitfahrzeuge aus Oberösterreich und Salzburg hatten an diesem Tag die Aufgabe, vom Camp aus bzw. auf einer Berghöhe die für den reibungslosen Funkverkehr zwischen den österr. Kräften notwendigen Funkrelaisstellen herzustellen.
Nach dem Abschluss der Übung rückten am späteren Nachmittag alle eingesetzten Einheiten wieder ins Camp nach Baska Voda ein. Das vorherrschende Schönwetter lud die schwitzenden Helfer noch auf ein Abschlussbad ins Meer ein, gefolgt von einem kameradschaftlichen "Österreich-Abend" bei der Verpflegungsstelle. Im Zuge dieses Beisammenseins wurden auch die einen oder anderen Kontakte zu Feuerwehrkräften aus Tschechien und Italien geknüpft.

Donnerstag - Übungstag 2
Wiederum war für den größten Teil der Kräfte - ausgenommen Küche - um 06.00 Uhr Tagwache. Und wieder sollte sich die Ausgabe des Einsatzbefehles verzögern.

Das vorgegebene Einsatzszenario für diesen Tag: Aufgrund der vorherrschenden Waldbrände sind mehrere kleine Ortschaften im steilen Küstengebiet gefährdet, da sich eine Flammenfront auf diese Region wälzt. Kroatische Einheiten stehen bereits im Einsatz, benötigen aber zwecks Herstellung der Wasserversorgung dringend die Hilfe der österreichischen Feuerwehreinheit.
Für viele der eingesetzten Kräfte bedeutete die bevorstehende Aufgabe eine hohe körperliche Belastung: Über oft nur schmale und teilweise sehr steile Wege mussten die Tanklöschfahrzeuge in die höher liegenden Regionen vordringen. Von den Lenkern der Einsatzfahrzeuge wurde dabei bereits einiges an fahrerischem Können abverlangt. Kilometerlange Löschleitungen mussten querfeldein in das steile Gelände und über im wahrsten Sinne des Wortes Stock und Stein verlegt werden. Teilweise mannhohes Gestrüpp und blühender Ginster machten diese Aufgabe zu einem schweißtreibenden Unterfangen.
Zwischenzeitlich verlegten auch die kroatischen Kräfte Schlauchleitungen, um schlussendlich mit den österreichischen Einsatzkräften auf eine gemeinsame Löschleitung zusammenzuarbeiten.
Auf dem vom Brand betroffenen Plateau stand bereits ein Tanklöschfahrzeug von der Feuerwehr Makarska, an dem die sodann aufgebaute Löschleitung angeschlossen und auch gefüllt wurde. Somit bestanden die österreichischen Feuerwehrkräfte auch diesen Extremeinsatz im Steilgelände mit Bravour.

Zusätzlich zum kroatisch-österreichischen Einsatz wurde die Brandbekämpfung auch aus der Luft unterstützt. Drei Flächenflugzeuge vom Typ Canadair aus Italien und Kroatien waren nahe den Bodentruppen Löschwasser aus der Luft auf die fiktiven Brandherde. Jeweils 6.000 Liter Wasser konnten diese Luftfahrzeuge pro Flug abwerfen. Die Wiederbetankung erfolgte im unmittelbar angrenzenden Meer. Neben diesen Flächenflugzeugen kam auch ein slowakischer Armeehubschrauber zum Einsatz. Die an einem Seil mitbeförderten Wassertanks wurden bei der Bodenstation in Zusammenarbeit kroatischer und österreichischer Kräfte befüllt.

Am Nachmittag ging diese, für die meisten, schweißtreibende Einsatzübung schließlich zu Ende und die CRAFT-Einheit rückte wieder ihr Camp ein. Der Abend dieses Tages stand zu freien Verfügung, viele Teilnehmer nutzen diesen Abend für kulinarische Genüsse in der nur wenige Fahrminuten entfernten Stadt Makarska.

Freitag - Demo-Day
Von Beginn an nicht ganz eindeutig war das Programm für den letzten Tag in Kroatien, Freitag, der 24. Mai 2002. Dieser Tag wurde als Demo-Day, also Demonstrationstag, bezeichnet. Ließen die Programminformationen eigentlich darauf schließen, dass die Teilnehmer der Übung selbst Gast bei Einsatz-Vorführungen sind, stellte sich am Morgen des betreffenden Tages heraus, dass dieses Programm eine Demonstration für eine Schar an VIPS (also besonderen Gästen) und vor allem der internationalen Pressevertreter war.
Die ablaufenden Demonstrationen waren erneut von den an den Einsatzübungen teilnehmenden Staaten durchzuführen. Diese Regelung traf natürlich auch die österreichischen Kräfte.
Wecktermin für diesen Tag war 07.00 Uhr, also eine Stunde später als Mittwoch und Donnerstag. Nach der morgendlichen Stärkung wurden bis zur Klärung des endgültigen Programms mit dem Abbau des Lagers begonnen, da die Abreise von 21.00 Uhr abends auf ca. 16.00 Uhr vorverlegt worden ist.

Um ca. 09.00 Uhr erhielt CRAFT-Austria den offiziellen Einsatzauftrag für den bevorstehenden Demo-Day. Am Schlusstag dieser internationalen Katastrophenschutzübung waren wiederum konzentrierte Löschangriffe in Zusammenarbeit mit Kräften aus Kroatien und Italien durchzuführen. Auch die slowenischen Hubschrauber sowie die Flächenflugzeuge kamen erneut zum Einsatz, um die Schlagkraft der an der Großübung eingesetzten Organisationen deutlich unter Beweis zu stellen. Eine zusätzliche Aufgabe der Österreicher bestand darin, mit zwei Großtanklöschfahrzeugen die Wasserversorgung für einen von kroatischen Feuerwehrleuten in Stellung gebrachten Löschwasserbehälter für den Flugdienst sicherzustellen. Ein Hubschrauber der SFOR entnahm aus diesem Behälter das Wasser zur Brandbekämpfung.
Am frühen Nachmittag, der Demo-Day war übrigens erstmals von zeitweiligen Regenschauern begleitet, endete der offizielle Teil dieser Katastrophenschutzübung. Die eingesetzten Feuerwehrleute rückten im Anschluss wieder in das Camp ein und setzten dort den Abbau des Lagers fort.
Um 15.00 Uhr fand im Lager eine kurze Abschlussveranstaltung mit allen teilgenommenen Helfern statt. Verschiedene Redner betonten dabei die Wichtigkeit dieser Katastrophenschutzübung für zukünftige Großereignisse und dankten allen Nationen für ihr Mitwirken und ihrer Teilnahme. Gegen 15.45 Uhr wurde die Großübung "Taming the Dragon - Dalmatia 2002" offiziell für beendet erklärt. Für den Abend wäre noch eine groß angelegte Abschlussfeier auf dem Programm gestanden, Österreich entschied sich jedoch, noch am Nachmittag die lange Heimreise anzutreten.

Aufbruch in die Heimat
So startete der 39 Fahrzeuge umfassende Feuerwehrkonvoi kurz nach 16.00 Uhr, die wiederum rund 14-stündige Fahrt zum gemeinsamen Ausgangspunkt in Lebring in der Steiermark (ca. 600 Kilometer). Mit Blaulicht und Folgetonhorn als Abschiedsgruß verließ die österreichische Feuerwehreinheit eindrucksvoll den Campingplatz in Baska Voda.
Erneut unter dem Begleitschutz der Polizei rückten die Fahrzeuge auf dem selben Weg, wie sie gekommen sind, wieder über die Serpentinen der Steilküste neben dem Meer in Richtung Heimat. Eine eindrucksvolle Szene spielte sich dabei nach nur kurzer Fahrzeit in einer kleinen Ortschaft ab. Heimische Feuerwehrleute lösten beim Passieren des österreichischen Fahrzeugkonvois als Zeichen des Grußes ihre Alarmsirene aus. Das Echo folgte umgehend: Ein österreichischer Gruß mit Blaulicht und Folgetonhorn von jedem der 39 Fahrzeuge!

Nächtlicher Ausfall eines Fahrzeuges
Man war sich schon einig, dass die mobile Werkstätte des Oö. Landes-Feuerwehrverbandes glücklicherweise nicht zum Einsatz kommen musste, als gegen 22.00 Uhr die Meldung über eine Panne des Lastfahrzeuges mit dem Küchencontainer und Kühlanhänger (Oö) vermutlich ein technisches Gebrechen hatte. Während sich der Konvoi bis zum rund 50 km entfernen Rastplatz weiterbewegte, blieben neben dem defekten Lkw-Zug der Werkstättenwagen sowie das ELF aus Oö zurück, um dem Defekt des Fahrzeuges auf dem Grund zu gehen.
Als erste Ursache wurde ein Defekt von Motorventilen eruiert, das gesamte Motoröl des Lastzuges spritzte aus dem Motorraum, an eine Weiterfahrt war nicht mehr zu denken. Nun wurde die Einheit vor ein logistisches Problem gestellt. Welche Fahrzeuge im Konvoi würden sich einerseits eignen, den Kühlanhänger zu transportieren bzw. das Wechselladerfahrzeug abzuschleppen. Neben dieser Grundlage war es jedoch auch erforderlich, dass die Lenker der betreffenden Fahrzeuge über den notwendigen Führerschein (Klasse E) verfügen. Zusätzlich sollte aber auch jeweils eine Ablöse für den betreffenden Fahrer zur Verfügung stehen.

Trotz der schwierigen Lage konnte jedoch eine Lösung gefunden werden. Das Schwere Rüstfahrzeug der FF Altmünster (OÖ) sowie das Wechselladerfahrzeug der FF Mautern (NÖ) würden sich dazu eignen, den "Schleppdienst" zu übernehmen und die Lenker verfügten auch über den notwendigen Führerschein. So wendeten diese beiden Fahrzeuge und fuhren die rund 50 Kilometer zurück. Mit einer Reisegeschwindigkeit von ca. 40 km/h bewegten sich die Schleppfahrzeuge (primär das WLF Mautern, das den defekten Lkw zog) in der Folge wieder in Richtung des noch wartenden Konvois zurück. Für die Leitung des MOT-Marsches galt es nun, die weitere Vorgehensweise zu entscheiden, wobei folgende Lösungen in Frage kamen:

a) Das Tempo des gesamten Konvois aufgrund des Abschleppens auf Tempo 40 reduzieren und somit die Reisezeit aller Teilnehmer wesentlich verlängern?
b) Die Schleppfahrzeuge - primär das WLF Mautern - mit Begleitung zurückzulassen, damit diese eigenständig abseits des Konvois die Reise nach Österreich fortsetzen?
c) Das defekte Lastfahrzeug in Kroatien zurücklassen?
Schlussendlich konnte ein Kontakt zu einer kroatischen Feuerwehr, der Feuerwehr in Korenica, hergestellt werden. Es wurde entschieden, den Kühlanhänger nach Österreich mitzunehmen und das defekt, tempo bremsende Lastfahrzeug bei dieser Wehr zurückzulassen. Auf diese Weise konnte der Fahrzeugkonvoi seine Reise wieder in der gewohnten Reisegeschwindigkeit (ca. 50 - 60 km/h auf Bundesstraßen, ca. 90 km/h auf der Autobahn) fortsetzen.

Rückkehr nach Österreich
Nach den üblichen Tankstopps sowie den relativ flott vorangehenden Grenzübertritten erreichte CRAFT-Austria im Morgengrauen gegen 05.00 Uhr wieder österreichisches Staatsgebiet. Eine Stunde später gelangten die 132 Teilnehmer der Übung wieder an ihren gemeinsamen Ausgangspunkt nach Lebring in der Steiermark zurück. Nach den Abschlussworten der Verantwortlichen und der offiziellen Verabschiedung nach dem ersten Einsatz der CRAFT-Austria bot die Landes-Feuerwehrschule Steiermark noch ein ausgiebiges Frühstück an, bevor sich die Feuerwehrleute wieder auf die Rückreise in ihre Bundesländer begaben.

Nach einer reibungslosen Fahrt von Lebring nach Linz trafen die Teilnehmer aus Oberösterreich gegen 13.30 Uhr schlussendlich wieder am Gelände des Oberösterreichischen Landes-Feuerwehrverbandes ein. "Taming the Dragon - Dalmatia 2002" gehörte somit bereits wieder der Geschichte an und was am wichtigsten war: Sie wurde mit einem sehr guten Erfolg abgeschlossen.

Heimtransport des Lastfahrzeuges
In der darauf folgenden Woche wurde das Lastfahrzeug mit einem Fahrzeug der FF Steyr sowie einem Tieflader von Bediensteten des Oö. Landes-Feuerwehrverbandes sowie Mitgliedern der Feuerwehr Steyr nach Linz zurückgebracht. Bis das defekte Fahrzeug jedoch per Huckepack wieder ins Land gebracht werden konnte, mussten einige bürokratische Hürden und Grenzformalitäten überwunden werden. Als definitive Schadensursache stellte sich eine gelöste Schraube an einem der Motorventile heraus.

Ziele und Erkenntnisse

  • Eines der Ziele dieser Großübung bestand in der Erprobung der internationalen Zusammenarbeit der Einsatzkräfte in der Praxis! Neben den kommunikativen Angelegenheiten war es schließlich auch sehr wesentlich, die Kompatibilität der eingesetzten Geräte zu veranschaulichen.
  • Der MOT-Marsch brachte die Erkenntnis mit sich, dass ein Aktionsradius von 800 km ab der Staatsgrenze auch in der Praxis anwendbar ist. Dieser Handlungsradius entspricht auch dem Ziel der österreichischen Bundesregierung, die nationale und internationale Katastrophenhilfe zu erweitern. Im Jahr 2002 wurde die österr. Plattform für internationale, humanitäre und Katastrophenhilfe, der auch die Österreichischen Feuerwehren angehören, ins Leben gerufen. Diese Katastrophenschutzübung war die erste seit dem Zerfall Jugoslawiens. Die Bundesregierung strebt auch die Intensivierung der Zusammenarbeit der südosteuropäischen Länder an und so kann man durchaus die Behauptung aufstellen, dass Österreichs Feuerwehren im Zuge dieser Übung auch Botschafterfunktionen ausgeübt haben.

  • Österreichs Feuerwehrleute stellten das größte Auslandskontingent dar und konnten sehr deutlich unter Beweis stellen, dass sie eine hervorragende Ausbildung besitzen und es auch verstehen, ihr Können in der Praxis anzuwenden. Ein weiteres Faktum, dass der Spruch "Freiwillig und Professionell" der Realität entspricht. CRAFT-Austria zog im Zuge der Übung sowohl in Hinsicht auf den Ausbildungsstand als auch auf die Führungsarbeit die Aufmerksamkeit der internationalen Beobachter auf sich. Die Freiwilligen Feuerwehrleute Österreichs bewiesen fachliche Kompetenz auf allen Ebenen und eine hervorragende Einsatzbereitschaft.
  • Wenn auch Englisch als Übungssprache festgelegt worden ist, hat sich die Mitreise mehrerer Dolmetscher (vorwiegend aus dem Burgenland) hervorragend bewährt. Viele Male waren Übersetzungen vom Kroatischen ins Deutsche erforderlich und die Präsenz der Dolmetscher sorgte dafür, dass eine rasche Kommunikation dennoch möglich wurde.
  • Die österreichische Feuerwehreinheit stellte bei TAMING THE DRAGON das einzig freiwillig agierende Hilfsteam dar! Die Teilnehmer der anderen 21 Nationen waren in erster Linie beruflich im Zivil- und Katastrophenschutz tätig. Daraus resultierend war es für die Österreicher um so spannender, die Leistungsfähigkeit der heimischen Feuerwehren unter Beweis zu stellen.
  • Wie es auch bei heimischen Großübungen nicht selten der Fall ist, waren nicht alle vorhanden Kräfte zu jeder Übungszeit wirklich voll ausgelastet bzw. gefordert. Während eine Einheit (SRF Altmünster) mehr als ein Dutzend(!) B-Schläuche auslegen musste, waren andere Kräfte bereits nach kurzer Zeit mit ihrer Arbeit fertig. Aufgrund des sehr umfangreichen Übungsgeschehens war die Gesamteinsatzleitung vermutlich dennoch mit der Aufgabenzuteilung etwas überfordert.
  • Leicht gewöhnungsbedürftig war zum Teil die etwas zähe Abwicklung und die damit verbundenen Wartezeiten. Das südländische Temperament war in vielen Hinsichten nicht zu übersehen und stellte die einsatzbereite Mannschaft doch mehrmals auf eine Geduldsprobe. Ebenso anzumerken war, dass in vielen Fällen - auch bei Kleinigkeiten - ohne vorige Rücksprache mit der Polizei gar nichts geht.

  • Im realen Einsatzfall wäre es angebracht, den Hilfskräften nicht Detailaufgaben, sondern nur die definitiven Ziele zu übermitteln. Im Klartext würde dies beispielsweise bedeuten, dass die alarmierten Auslandskräfte aus Österreich einen Zielbereich bzw. Einsatzabschnitt (z.B. Brandbekämpfung im Bereich der Küste) erhalten. Die notwendigen Koordinationen und Einteilungen würden in Folge von der österr. Einsatzleitung selbst getroffen werden. Damit können eine Vereinfachung und Beschleunigung der Abläufe bewirkt werden.

Mobilkom unterstützte Kommunikation
Die Mobilkom Austria leistete der österreichischen Feuerwehreinheit sehr gute Unterstützung in Hinsicht auf die Kommunikation. So wurden für die Dauer der Übung 20 Handys samt Gesprächskosten gratis zur Verfügung gestellt. Diese Mobiltelefone bildeten neben den feuerwehreigenen Funkgeräten eine wichtige und mittlerweile unverzichtbare Kommunikationsschiene. Um im gesamten Übungsgebiet perfekte Mobiltelefonverbindungen zu gewährleisten, wurden an VIP-NET, einer 50prozentigen Tochter der Mobilkom, Container mit zusätzlichen Sendern aufgestellt.

Erster Auslandseinsatz seit 26 Jahren
Für Österreichs Feuerwehren bedeute die Teilnahme an dieser Katastrophenübung den ersten Auslandseinsatz seit 26 Jahren. 1976 war bereits einmal eine Abordnung unseres Landes in Italien im Einsatz, um dort nach dem verheerenden Erdbeben in Friaul bestmögliche Hilfe zu leisten.




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