Stmk: Feuerwehr verärgert -> Brandschutz für alte Hochhäuser gelockert
Geschrieben am: 2007-11-20 17:26:11

Steiermark: Der "Hochhaus-Paragraf" ist am 20. November 2007 im Landtag mit den Stimmen der Grünen, KPÖ und ÖVP abgeschafft worden. Dabei geht es um die kostspielige Brandschutz-Nachrüstung alter Hochhäuser. SPÖ und Feuerwehren protestieren.

Die Feuerwehr hatte noch am Vortag alle Register gezogen, um den Beschluss zu verhindern. "Todesfallen" lauteten die drastischsten der Warnungen.
Am Dienstag - nach der Landtagsentscheidung - sprach die SPÖ von der Gefährdung der Sicherheit von Hochhausbewohnern und Einsatzkräften. Außerdem würden jene bestraft, die schon ordnungsgemäß nachgerüstet hätten.

Automatische Belüftungsaggregate: Der Paragraf 103, der 1995 in das Steiermärkische Baugesetz aufgenommen wurde, sieht bzw. sah u. a. vor, dass Brandmeldeanlagen automatisch Belüftungsaggregate anlaufen lassen, brandgefährdete Kellergeschosse vom Wohnbereich völlig abgeschottet und die Fluchtwege rauchfrei gemacht werden müssen.

Zwei Drittel der Hochhäuser nachgerüstet: Von den rund 300 steirischen Hochhäusern (22 bis 75 Meter Höhe) wurden bisher rund 120 fachgerecht dem Paragrafen entsprechend nachgerüstet.

Bürgerproteste gegen hohe Kosten: ÖVP, KPÖ und Grüne betrieben die Abschaffung nach Protesten von Bürgern, die sich über Kosten von bis zu 20.000 Euro pro Wohnung ärgerten. Nirgendwo anders würden derartig aufwendige Maßnahmen gefordert.


VORAUSGEHENDER ORF-ARTIKEL

Dicke Luft zwischen Feuerwehr und Parteien: Das Landesfeuerwehrkommando übt scharfe Kritik an einigen Parteien. Grund ist die geplante Abschaffung des so genannten Hochhaus-Paragrafen der steirischen Bauordnung - viele Hochhäuser würden dadurch zu Todesfallen werden. In der Landtagssitzung am Dienstag könnte mit den Stimmen der ÖVP, der KPÖ und der Grünen die Abschaffung des "Hochhaus-Paragraf 103" der steirischen Bauordnung beschlossen werden - und zwar vorwiegend aus Kostengründen. Der seit 1995 bestehende Paragraf 103 sieht bei Nachrüstungen in bestehenden Hochhäusern u. a. vor, dass Brandmeldeanlagen automatisch Belüftungsaggregate anlaufen lassen, brandgefährdete Kellergeschosse vom Wohnbereich völlig abgeschottet werden müssen und die Fluchtwege rauchfrei gehalten werden können.

Nachrüstung für viele zu teuer: Viele Mieter in brandschutztechnisch veralteten Hochhäusern fühlen sich durch die Nachrüstungskosten für ihre Wohnungen finanziell überfordert. Rund 120 solcher Hochhäuser hätten in den nächsten Jahren sicherheitstechnisch auf den neuesten Stand gebracht werden sollen - dies könnte nun unterbleiben.

"Dann ist man des Todes": Der Grazer Branddirektor Otto Meisenberger kann dies nicht nachvollziehen: "Es gibt damit dann Hochhausbewohner zweier Kategorien - jene, die in den rund 120 aufgerüsteten und in neuen Hochhäusern wohnen, und jene, die sich dann in den etwa 120 wirklichen Katastrophenhochhäusern befinden. Das sind sicher brandschutztechnische Todesfallen, denn wenn man den Fehler begeht und versucht, über so ein Stiegenhaus zu flüchten, dann ist man wirklich des Todes".

Entlüften eines Stiegenhauses unmöglich: Herbert Hasenbichler - brandschutztechnischer Sachverständiger - erklärt, dass mit den momentan geplanten Änderungen im Paragrafen drei wesentliche Schutzmaßnahmen gestrichen würden: Zum einen müssten keine automatischen Brandmelder installiert werden - das hieße, dass man selbst in der Nacht eventuelle Feuer entdecken und "manuell" Alarm schlagen müsste. Weiters müssten Abfallschächte in den Keller nicht brandtechnisch gesichert werden. Zum anderen sei eine Abströmöffnung am oberen Ende eines innengelegenen Stiegenhauses nicht mehr vorgesehen, wodurch ein Entlüften unmöglich werde, so der Experte.

"Man weiß genau, was passieren kann": "Der Wahnsinn ist, dass man genau weiß, was passieren kann, nämlich dass ein Stiegenhaus verqualmt werden kann, dass die Bewohner nicht flüchten können, und dass die Feuerwehr nicht helfen kann, weil sie den Rauch nicht wegbringt und weil sie selbst ihre eigenen Leute gefährdet, das ist der Wahnsinn", sagt der technische Referent im Landesfeuerwehrrat, Otto Widetschek.

Nachrüstung billiger als kolportiert: Experten haben errechnet, dass entgegen der offiziell kolportierten Summe von 20.000 Euro für eine 80m2-Wohnung rund 8.000 Euro für die sicherheitstechnische Nachrüstung anfallen würden. Wer sich dies nicht leisten kann, dem soll nach Ansicht der Feuerwehr mit Förderungen geholfen werden.

ORF Steiermark



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