Magirus-Teleskopmastbühne TMB 32 der FF Alkoven
Geschrieben am: 2005-04-29 15:46:14

Alkoven (Oö): Am 10. März 2005 nahm die Freiwillige Feuerwehr Alkoven eine der ersten Teleskopmastbühnen der neuen Generation aus dem Hause Magirus in Empfang bzw. in Betrieb.

Mit einer neuen Steuerungstechnik präsentiert Iveco-Magirus seine neue Generation an Teleskopmastbühnen. Die Freiwillige Feuerwehr Alkoven nahm am 10. März 2005 eines dieser neuen Hubrettungsfahrzeuge aus dem Hause Lohr-Magirus in Empfang. Es handelt sich dabei um eine ALP 320 L, deren Rettungskorb - erstmals bei Magirus – zudem auch für Rollstuhlfahrer tauglich ist.


Im September 2003 strebte die Freiwillige Feuerwehr Alkoven die Ersatzbeschaffung der Magirus DL 30 an. Die Drehleiter war Baujahr 1975 und die Zeit für den Austausch des Fahrzeuges schien auf lange Sicht hin günstig. Aufgrund der allgemein angespannten Finanzsituation der Gemeinden (Kommunen) und auch jener der eigenen Gemeinde, war dafür ein gut durchdachter und finanziell lukrativer Weg erforderlich. Das starke Vordrängen sowie die rasante technische Entwicklung, aber auch das ausgezeichnete Preis-Leistungsverhältnis sowie die an das Gerät gestellten Anforderungen (Arbeits- und Rettungsgerät) ließen bereits im Anfangsstadium die Entscheidung auf einen Teleskopmast tendieren. Auch die Frage der Wartungskosten und der Langlebigkeit sprach aus der Sicht der Wehrführung für einen Teleskopmast.

Nach einer Reihe administrativer Angelegenheiten (Ausschreibung, Vergleichsvorführung etc.) eröffnete sich der Feuerwehr Alkoven schlussendlich die Möglichkeit, ein Vorführfahrzeug von Iveco-Magirus zu beziehen. Zwar waren auf diesem Weg keine maßgeblichen Änderungen mehr möglich, aber die Voraussetzungen waren bereits sehr günstig und hinsichtlich der Anforderungen sehr passend.



Fahrgestell:
Das Vorführfahrzeug ist auf einem MAN LE 18.280 aufgebaut; wobei das 18 Tonnen-Fahrgestell voll ausgenutzt wird und eine Motorleistung von 280 PS erzielt wird. Der nicht vorhandene Allradantrieb stellt aufgrund der geographischen Bedingungen bei diesem Fahrzeugtyp keinen Nachteil dar. Zudem hätte die Gesamthöhe inklusive Allradantrieb die Einstellhöhe des Feuerwehrhauses überschritten. Neben einem Kriechgang verfügt der MAN über 8 Vorwärtsgänge, eine Spiegelheizung sowie vom Fahrersitz die Möglichkeit, alle Spiegel elektrisch gesteuert zu verstellen.

Umfeldbeleuchtung und heckseitiges Display: Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der ALP 320 L um ein Vorführgerät handelt, kommt die FF Alkoven auch in den Genuss vieler Extras, die ansonsten nur als optionale Zusatzausstattung verfügbar sind. Neben der Umfeldbeleuchtung, die aus je einer Beleuchtungseinheit zwischen der Vorderachse und der vorderen Stütze auf beiden Seiten, einer Einheit zwischen Hinterachse und hinterer Stütze sowie einer am Heck des Fahrzeuges besteht, ist die TMB unterhalb der rechten Steuereinheit für die Stützen im Heck mit einem Zusatzdisplay ausgestattet.


Links das Heckdisplay.

In dieser Anzeige werden die aktuellen Ausladungswerte angezeigt, so dass der Maschinist nach erfolgtem Bodenkontakt aller Stützen unverzüglich sehen kann, über welche Ausladung er in die vier Richtungen verfügt. Vor allem bei verschiedenen Abstützungsbreiten stellt diese Information bereits eine sehr nützliche Angabe dar. Zwei weiteren Tasten sind in diesem Feld zum Starten und Abstellen des Fahrzeugmotors sowie für den batteriebetriebenen Notbetrieb ausgelegt.

Abstützung: Die Abstützung der Teleskopmastbühne erfolgt völlig stufenlos, wobei die mögliche Ausladung nicht auf Abstufungen basiert, sondern immer wieder auf die tatsächlich ausgefahrene Breite jeder einzelnen Stütze neu berechnet wird. Die absolut ruckelfrei ausfahrenden Stützen – sie arretieren beim Einfahren übrigens automatisch – werden permanent auf ihren jeweiligen Bodendruck überwacht. Der Abstützvorgang kann entweder manuell oder voll automatisiert durchgeführt werden, wobei im vollautomatischen Modus alle vier Stützen zeitgleich ausgefahren werden. Nachdem alle vier Stützen Bodendruck aufweisen, kann die TMB entweder manuell oder ebenfalls automatisch einnivelliert werden. Im Gegensatz zur Drehleiter erfolgt die Niveauregelung bei der Teleskopmastbühne über den Fahrzeugunterbau und nicht über den Drehkranz.


Die Joysticks für die Steuerung der Stützen sind hierbei doppelt belegt. Sind die Hebel anfangs zum Ausfahren und Abstützen zuständig, schaltet das System nach Bodenkontakt automatisch um, um mit dem einen Hebel alle vier Stützen zwecks manueller Niveaueinstellung nutzen zu können. Die manuelle Nivellierung kommt beispielsweise in schwierigen Situationen oder Schräglagen zur Anwendung, während man im Normalfall ansonsten der automatischen Niveauregelung den Vorzug geben wird.


Teleskopmast und Leiter:
Das Herzstück des Hubrettungsgerätes ist der Teleskopmast, mit dem eine maximale Arbeitshöhe von 32 Metern bzw. eine Rettungshöhe von 30 Metern erreicht werden kann. Der Mast besteht aus einem vierteiligen Teleskop sowie einem Gelenkarm und ist stufenlos um 360° drehbar.


Wasserverrohrung: Die fix montierte Wasserverrohrung ist zwischen dem Masten sowie der Leiter montiert, sodass im Bedarfsfall weder ein Schlauch verlegt werden muss oder gar der Leiterweg blockiert oder behindert werden würde. Die Leitung endet im vorderen Korbbereich montierten Wasserwerfer bzw. bei der Angriffshaspel und ist so ausgeführt, dass es in keiner Position des Korbes zu einem Abquetschen der Wasserzufuhr kommen kann.

Leiter: Die rechts vom Mast montierte Leiter wurde im Vergleich zu den früher bekannten Notleitern massiv ausgebaut und markant verbessert. Erste praktische Tests haben gegenüber der Drehleiter keine Nachteile aufgezeigt, ganz im Gegenteil: Aufgrund der Stabilität des Teleskopmastes ist auch bei größeren Höhen noch ein ruhiger Auf- und Abstieg möglich. Im Unterschied zur Drehleiter ist es jedoch notwendig, beim Leiterstück am Gelenkarm vor der Benutzung die Handläufe manuell aufzurichten bzw. nach deren Verwendung wieder zusammenzulegen.


Klapptritte im Korb dienen einem sicheren und rutschfesten Übertritt auf die Leiter. Jede einzelne Sprosse des Leiterparks ist zudem mit einem Kälteschutz – wie die Drehleitern – ausgestattet.

Strom und Atemluft: Ein am unteren Teil des Mastes montiertes 13 kVA Stromaggregat kann einerseits manuell, andererseits jedoch auch vom Bedienstand und vom Korb aus gestartet werden. Direkt hintern diesem Aggregat wurde an der TMB der Feuerwehr Alkoven eine verkleidete Blechkonstruktion angebracht, in der sich vier Stück 10 Liter-Flaschen mit Atemluft befinden.
Diese ermöglichen die Versorgung von im Korb arbeitenden Atemschutzgeräteträgern. Das Personal braucht beispielsweise bei der Brandbekämpfung kein eigenständiges Atemschutzgerät am Rücken mittragen, sondern bedient sich des Luftanschlusses im Korb, der mit den genannten Flaschen versorgt wird.


Hauptbedienstand: Eines der Hauptkontrollzentren ist der Bedienstand der TMB. Für den Maschinisten wartet hier ein ergonomisch ausgerichteter Steuerstand, der mit einem herausklappbaren 10“ TFT-Display ausgestattet ist. Über ein übersichtlich angeführtes Menüsystem sind hier eine Vielzahl an Informationen abrufbar und Einstellungen möglich. Auch hier bietet das Vorführfahrzeug zwei ansonsten optional verfügbare Einrichtungen: Eine Sitzheizung sowie die Möglichkeit, die Vorgänge „oben“ per Kamera mit zu verfolgen. Hält man eine Sitzheizung anfangs vielleicht für übertriebenen Luxus auf einem Einsatzfahrzeug, so merkt der Maschinist speziell bei längerer Nutzung an kalten Tagen den Komfort eines warmen Rückens sowie warmer Oberfüße. Die Kamera ist vorne am Korb montiert und erlaubt es dem Maschinisten auf Wunsch, die Lage aus der Sicht der Korbbesatzung live am Display mit zu verfolgen. Ein möglicher Anwendungsbereich dieser Kamera wäre die Erkundung bei gefährlichen Brandsituationen, ohne dass sich ein Mann im Korb mit in die Gefahrenzone begeben muss.


Eine der sehr praktischen Funktionsmöglichkeiten der Steuerung ist das automatische Zusammenlegen des Mastes aus jeder beliebigen Stellung. Nach der elektronischen Überprüfung werden alle Geräte (beispielsweise der Werfer) in ihre Ursprungsposition zurückgestellt und der Teleskopmast legt sich wieder in Fahrstellung zurück.


Rettungs- und Arbeitskorb:
Der Korb stellt ein weiteres Hauptmerkmal der ALP 320 L dar. In Hartheim, Gemeinde Alkoven, befindet sich ein großes Behindertenheim, in der sich neben 300 Bediensteten auch über 300 geistig / körperlich schwer- und schwerstbehinderte Menschen befinden und ein starker Anteil Rollstuhlfahrer sind. Dies und am Gebäude dafür vorgesehene Bergebuchten führten dazu, dass seitens der Feuerwehr Alkoven ein Korb gefordert wurde, mit dem es möglich ist, einen Rollstuhlfahrer samt seinem Fortbewegungsmittel in den Korb und in Folge sicher zu boten hieven zu können.


Magirus fand auch hier eine Lösung und baute erstmals einen Korb auf, der diesen Anforderungen gerecht werden würde. Weitere Spekulationen gingen auch in die Zunahme von Einrichtungen zur Betreuung von Senioren und dem damit allenfalls Verbundenen bedarf, auch bei Objekten wie diesen vor der Aufgabe einer Bergung im Rollstuhl zu stehen.

Rettungskorb: Der von drei Seiten zugängliche Rettungskorb ist für vier Personen bzw. einem Gesamtgewicht von 365 kg ausgerichtet. Der Bedienstand im Korb wurde analog der Funktionen des Hauptbedienstandes ausgeführt und unterscheidet sich dazu lediglich durch ein kleineres, schwarzweiß-Display. Aufgrund der verwendeten CAN-Bus-Steuerung lässt ein überaus feinfühliges Steuern des Mastes zu und erlaubt unter den zahlreichen Variationsmöglichkeiten beispielsweise auch die Memory – Zielpunktsteuerung. Damit könnte ein einmal angefahrenes Ziel durch einen einfachen Knopfdruck beliebig oft angefahren werden kann.
Zusätzlich ist es auch möglich, den Korb jeweils um 45°C nach links oder rechts zu schwenken, um beispielsweise auf Balkonbrüstungen oder Fenstereinstiegen immer den optimalen Einstiegswinkel zu erreichen. Ein Mikrofon dient zum permanenten Kontakt mit dem Maschinisten am Hauptbedienstand, wobei das Mikro im Korb immer auf Sendebetrieb steht und daher keinerlei Tastendruck erforderlich ist. Lediglich beim Maschinisten im Hauptsteuerstand ist das Drücken einer Taste notwendig, um mit dem Personal im Korb sprechen zu können.


Arbeitsplattform: Eine nach vorne hin ausklappbare Zusatzplattform erlaubt ein noch besseres Erreichen von Arbeitspunkten. Sie erstreckt sich über die gesamte Korbbreite und weist eine Tragfähigkeit von 200 kg auf.

Wasserwerfer und Schnellangriff: Der Monitor ist im mittleren Bereich des Korbes angebracht und über zwei Wege steuerbar. Einerseits über den das Bedienfeld des herkömmlichen Korbbetriebes oder über eine eigene Fernsteuerung. Dieser – also optionaler Zusatz – erlaubt nicht nur ein einfacheres Bedienen des Wasserwerfers, sondern erlaubt den Betrieb des Werfers auch über Fernbedienung. Zu diesem Zweck wird die Einheit am Werfer abgenommen und per Verlängerungskabel am Heck des Fahrzeuges nahe den Wassereingängen angesteckt. Ab diesem Zeitpunkt ist somit auch die Bedienung des Monitors vom Boden aus problemlos möglich. Bei Benutzung des Wasserwerfers reduziert sich die zulässige Korbbesatzung von vier auf drei Mann.
Die zweite Zusatzausrüstung besteht – ebenfalls optional – aus einer auf der linken Korbseite montierten Schnellangriffseinrichtung. Diese verfügt über 15 Meter Schlauch und wurde auf Wunsch mit einem Hohlstrahlrohr ausgestattet. Für den Atemschutztrupp im Korb stellt dies eine überaus nützliche Ergänzung dar, da neuerlich kein Schlauchverlegen über den Leiterpark erforderlich ist.
Der Korb ist auch mit einer Selbstschutzeinrichtung ausgestattet, der bei Aktivierung einen feinen Wassernebel im Bereich des Korbes ausstößt, um von unten kommende Strahlungshitze entsprechend zu neutralisieren.

Krankentragenhalterung: Die Krankentragenhalterung ist am Korb so ausgelegt, dass sich der Patient nahezu vollständig im Korbinneren befindet. Aufgrund der Dimension des Rettungskorbes wird aber auch in diesem Fall noch für mindestens zwei Atemschutzgeräteträger ausreichend Platz geboten.

Der Korb für den Rollstuhl: Die Tauglichkeit für den Rollstuhlfahrer bedarf nur weniger Handgriffe und ist rasch hergestellt: Nach dem Entfernen des Handlaufs der Arbeitsplattform wird zusätzlich das Türchen des vorderen Korbeinganges entfernt. Sodann ist ausreichend Freiraum vorhanden, den Rollstuhlfahrer samt seinem Gefährt in den Korb einzufahren. Mittels zwei Sicherungsgurte wird dieser ausreichend gesichert und kann so im Rettungskorb transportiert werden.


Atemluft: Im Korb befinden sich neben dem Anschluss für die Atemluft auch drei Atemschutzmasken sowie zwei Fluchthauben. Die Zufuhr der Atemluft erfolgt über die am unteren Mastende befindlichen Flaschen. Somit sind die Atemschutzgeräteträger bei Brandbekämpfungsmaßnahmen nicht an ihre Geräte am Rücken beeinträchtigt oder behindert. Zudem erlaubt es eine längere Einsatzdauer als.

Möglichkeiten des Notbetriebs: Der Notbetrieb der Teleskopmastbühne ist über zwei Wege möglich. Einerseits können sowohl der Mast als auch die Abstützung über einen 230 V Elektromotor - gespeist von der Fahrzeugbatterie – bewegt werden. Anderseits steht beim kompletten Ausfall auch die Möglichkeit, das Fahrzeug mit einer hydraulischen Handpumpe zu bewegen.

Leiter-Technik im Teleskopmast: Iveco-Magirus hat beim Bau dieser Teleskopmastbühnengeneration alle aus dem Drehleiterbau gewonnenen Erfahrungen implementiert und umgesetzt. Die bereits bei den Drehleitern verwendete Mikroprozessorsteuerung – im gesamten Fahrzeug versehen fünf „PCs“ ihren Dienst – sorgt für einen sehr hohen Sicherheitsstandard für Personal und Gerät.


Doppelt gesicherte Überwachungssysteme informieren sowohl das Personal im Korb als auch dem Maschinisten permanent über eventuelle Fehler oder Missstände. Mit der Kombination von Leiter und Teleskopmast wurde ein Hubrettungsgerät konstruiert, welches nicht nur ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist, sondern auch von der Funktionalität her die TMB als Arbeits- und Rettungsgerät auszeichnet, das einer Drehleiter nicht mehr nachstehen dürfte.

Freiw. Feuerwehr Alkoven



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