Österreich: Rettungsgasse bringt Rettern wenig
Geschrieben am: 2014-02-04 16:00:45

Österreich: Also wenn Sie mich offiziell fragen, dann ist die Rettungsgasse das Nonplusultra. Wenn sie mich nach meiner Privatmeinung fragen, dann ist es das Gegenteil“, sagt ein hochrangiger Offizier der Verkehrspolizei. Einen echten Zeitgewinn für die Einsatzkräfte sieht er nicht.

Vor mehr als zwei Jahren wurde die umstrittene Rettungsgasse eingeführt und seither wurden rund fünf Millionen Euro in deren Bewerbung gesteckt. Heute soll – nach einjähriger Verzögerung – die mehr als 60.000 Euro teure Evaluierung präsentiert werden. Interessantes Detail: Der Termin für die Präsentation wurde in die Semesterferien gelegt und wichtige Protagonisten wie Verkehrsministerin Doris Bures und Asfinag-Chef Klaus Schierhackl fehlen.

Schimäre Zeitgewinn
Befragt man die Einsatzkräfte und schaut sich die Zwischenergebnisse der Evaluierung an, dann bleibt übrig: Nur etwa jede zweite bis dritte Rettungsgasse funktioniert. Die von der Asfinag stets versprochenen (bis zu) vier Minuten Zeitgewinn für die Einsatzkräfte blieben eine Schimäre. „Keine Ahnung, wie man auf diese Zahl gekommen sein soll, die da herumgeistert“, sagt Oberst Ferdinand Zuser von der nö. Verkehrspolizei. „Die Auswertungen der Leitstelle NÖ des Roten Kreuzes belegen, dass es zu keiner Zeitersparnis gekommen ist“, betonte Rudolf Eberhardt vom Roten Kreuz Leobersdorf (NÖ) bereits im Vorjahr. Einsatzfahrer bestätigen das hinter vorgehaltener Hand.

„Es wäre aber falsch zu sagen, sie funktioniert gar nicht. Ein Mal geht das einwandfrei, das nächste Mal reversieren die Lenker und kommen uns scharenweise entgegen“, sagt Hermann Kollinger. Der Feuerwehrmann betreibt die Internetseite fireworld.at, wo Einsatzberichte gesammelt werden. Dort sind nicht funktionierende Notgassen zu finden, und auch manch Kurioses: „Eines vorweg: Die Rettungsgasse hat funktioniert, wahrscheinlich waren heute die Fahrer mit ,Grips‘ unterwegs“, steht etwa in einem Einsatzbericht der Schwechater Feuerwehr.

„In Wien ist es tageweise verschieden“, sagt Oberst Josef Binder von der Verkehrspolizei. „Wenn viel in der Zeitung steht, geht es meistens besser. Auf der Donauufer- oder Ostautobahn klappt es ganz gut, die A23 wird immer eine Ausnahme sein. Dafür klappt es am Gürtel und auf der Lände.“ Dabei gilt dort gar keine Rettungsgasse. Auch die Wiener Rettung freut sich laut Sprecher Ronald Packert, dass die Bereitschaft zum Platzmachen in der Stadt gestiegen ist.

„Vereinzelt Anzeigen“
Wie viele Strafen es gibt, weiß niemand. Laut Polizei werden „vereinzelt Anzeigen“ ausgesprochen. „Die Probleme gibt es immer an den selben Stellen“, sagt Thomas Woitsch vom ARBÖ. „Auf der A23 zwischen Verteilerkreis und Knoten Prater kann man täglich sehen, wie es nicht funktioniert.“ Befragt man Einsatzfahrer nach ihrer Meinung, dann überwiegt die Zahl der Gegner im Verhältnis 60:40. In Online-Umfragen fordern meist 50 bis 70 Prozent der Österreicher eine Rückkehr zur Pannenstreifenlösung. „Der war für die meisten tabu“, meint auch Feuerwehrmann Kollinger. Zuletzt wurden die Rufe nach Reformen immer lauter. „Ist die Evaluierung negativ, werden wir sofort eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses im Parlament einberufen. Dann müssen wir zur Pannenstreifen-Regelung zurück“, sagt die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser.

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