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Bayern: „Wenn es eine Nummer größer wird“ → Katastrophenschutzübungen fordern Feuerwehren – Drei Szenarien zeitgleich

LANDKREIS TRAUNSTEIN (BAYERN): Bombenfund in Traunstein, auslaufendes Öl in Altenmarkt und eine Gewässerverunreinigung großen Ausmaßes in Trostberg. Mit diesen drei Szenarien bereiteten sich im Oktober 2022 die Katastrophenschutzhelfer der Feuerwehren auf mögliche Großschadenslagen vor.

Gleichzeitig führten mehr als 80 Teilnehmer aus dem gesamten Landkreis eine Onlineübung mit dem Themenschwerpunkt „Versorgungsmangellage“ durch (wir berichteten). Gerade die Übungen brachten einige wertvolle Erkenntnisse, die zukünftig in Einsatzpläne einfließen werden und somit bei möglichen Schadenslagen für einen schnelleren Überblick sorgen.

Von Hubert Hobmaier, Kreisfeuerwehrverband Traunstein

Fast täglich werden die Einsatzkräfte der Feuerwehren im Landkreis Traunstein zu Verkehrsunfällen alarmiert. Dabei handelt es sich meist um verletze Personen, die aus Fahrzeugen befreit werden müssen oder um auslaufende Betriebsmittel beziehungsweise die Technische Hilfeleistung bei Blechschäden. Doch was ist zu tun, wenn das Szenario „eine Nummer größer wird“?

Unfall mit Tankwagen

Eine Übung, bei der mehrere tausend Liter Öl nach einem Verkehrsunfall auslaufen war die erste von drei großen Schadenslagen, mit denen die heimischen Retter zurechtkommen mussten.

Keine schöne Vorstellung. Man kommt an die Einsatzstelle und ein mit rund 18.000 Litern Heizöl beladener Tankanhänger befindet sich unter den verunglückten Fahrzeugen und verliert seine Ladung. Und als ob das nicht genug ist, passiert der Unfall mitten auf der Alzbrücke in Altenmarkt und das Öl läuft in großen Mengen in das Gewässer.

Bereits wenige Tropfen Öl reichen, um tausende Liter Wasser in wenigen Minuten zu verunreinigen und dutzenden Tieren sowie Pflanzen den Lebensraum zu nehmen. Bei derartigen Ereignissen ist neben schnellem Handeln ein hohes Maß an Weitblick erforderlich, um eine Umweltkatastrophe zu verhindern.

Rund 80 Feuerwehrkräfte wurden zur Übung an die Angermühle gerufen. Das Drehbuch sah vor, dass ein Pkw in einen mit 18.000 Litern „Öl“ (in diesem Fall mit Wasser) beladenen Tankanhänger gekracht ist und sich dessen Inhalt unmittelbar in die Alz ergoss. Zudem war der Fahrzeuglenker eingeklemmt und musste mit schwerem technischen Gerät befreit sowie medizinisch erstversorgt werden.

Gleichzeitig starteten die Feuerwehren den Versuch die Leckage abzudichten, um so den Ölaustritt zu stoppen und errichteten eine Umleitung. Die Führungskräfte haben dann weitere Einheiten speziell für das Öl in dem Gewässer nachalarmieren lassen, die in einer separaten Übung den Einsatz einer Ölsperre trainierten.

Kreisbrandmeister Martin Hochreiter lobte die reibungslose Zusammenarbeit und die tadellose Kommunikation der beteiligten Feuerwehren Altenmarkt, Stein, Oberfeldkirchen, Trostberg und der Werkfeuerwehr Chemiepark Trostberg. Kommandant Lars Boße von der Feuerwehr Altenmarkt freute sich über ein realistisches Einsatzszenario, „welches nicht völlig aus der Luft gegriffen war und sich jederzeit genauso zutragen kann“. Besonders positiv ist ihm als Einsatzleiter die gute Zusammenarbeit der Führungskräfte untereinander und die ruhige und konzentrierte Arbeitsweise aller Kräfte aufgefallen.

Ösperren auslegen

Während die Übung in Altenmarkt noch im vollen Gange war, wurden die Feuerwehren Tacherting, Trostberg und Traunstein ans Wehr nach Trostberg alarmiert, um dort eine Ölsperre in Stellung zu bringen. Diese dient dazu, dass das an der Oberfläche schwimmende Öl aufgehalten und somit eine weitere Ausbreitung flussabwärts verhindert wird.

Das Einziehen der etwa 120 meterlangen Ölsperre nimmt einige Zeit in Anspruch und bedarf den Einsatz vieler Helfer. Mit einem Boot wurde die aus duzenden Einzelteilen bestehende „orange Schlange“ von einem Ufer zum anderen gezogen. Nach rund eineinhalb Stunden waren alle Maßnahmen getroffen und die Kräfte der Feuerwehr Traunstein, bei der die Öl-Wehr für derartige Schadenslagen stationiert ist, hätten mit Spezialgerät damit beginnen können, dass Öl aus der Sperre abzusaugen.

Kreisbrandinspektor Josef Egginger zeigte sich mit dem gewählten Standort der Sperre sehr zufrieden. Der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Tacherting, Oliver Brandl, hob die gute Zusammenarbeit der Wehren heraus. Wörtlich sagte er, „dass das Material des Landkreises zwar bei der Feuerwehr Tacherting untergebracht ist, es aber wesentlich schneller geht, wenn die ortskundige Feuerwehr bei der Wahl des Standortes für die Sperre unterstützt und alle verfügbaren Kräfte beim Ausladen und Einziehen der Ölsperre mit anpacken“.

Bombenfund

In Traunstein haben sich die Verantwortlichen rund um den Kommandanten Christian Schulz umfangreich auf einen möglichen Bombenfund im Zuge der Baumaßnahmen im Bereich des Güterhallenarsenals vorbereitet und einen eigenen Einsatzplatz erstellt. In der jüngeren Vergangenheit musste in der Großen Kreisstadt bereits zweimal eine Bombe entschärft werden und sorgte für umfangreiche Maßnahmen für Feuerwehr, Rettungsdienst und Co.

„Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass man mit den jetzigen Bauarbeiten erneut auf Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg stößt und wir wollen für den darauffolgenden Großeinsatz vorbereitet sein“, so Christian Schulz bei der Helfereinweisung in den Morgenstunden am Feuerwehrhaus in Traunstein.

Bei einem Ernstfall wären hunderte Helfer im Einsatz, um sämtliche erforderliche Maßnahmen durchzuführen. Angefangen bei Straßensperren bis hin zur Evakuierung von Menschen aus den Häusern im Sperrbereich und dem Errichten von Ersatzunterkünften für die Zeit der Entschärfung wurden alle bisherigen Erkenntnisse zusammengetragen und „in einen Einsatzplan gegossen“. Im Rahmen des landkreisweiten Übungstages konzentrierten sich die Feuerwehren auf die Lautsprecherdurchsagen zur Information der Anwohner sowie über den „fiktiven“ Aufbau der Straßensperren.

Die Übungsleitung richtete dazu zwei Abschnitte ein. Der Abschnitt „Bewarnen“ wurde jeweils mit einem Fahrzeug und einer mobilen Lautsprecheranlage durch die Feuerwehren Traunstein, Grabenstätt, Oberwössen und Surberg trainiert. Auf drei unterschiedlichen Routen halte es „Achtung Achtung – hier spricht die Feuerwehr – dies ist eine Übung“ durch die Straßen Traunsteins.

Im Ernstfall kämen hier vordefinierte Texte zum Einsatz, die den Bürgerinnen und Bürgern klare Handlungsempfehlungen an die Hand geben. In einem weiteren Abschnitt trainierten die Einsatzkräfte „auf dem Reißbrett“ den Aufbau der dann nötigen Straßensperren. Hier bildete eine Mannschaft der Feuerwehr Siegsdorf mit ihrem Führungsfahrzeug die Abschnittsleitung.

„Die Erkenntnisse aus der Übung verbessern den bestehenden Einsatzplan“, freut sich Christian Schulz am Ende der Übung und merkt an, „dass wir insbesondere bei der EDV-Anbindung und mit einer mobilen Internetverbindung noch Lernfelder haben“. Für Kreisbrandrat Christof Grundner steht fest, dass alle Teile der diesjährigen Katastrophenschutzübungen für „den Fall der Fälle“ einen Mehrwert haben und die Einsatzkräfte gut vorbereitet in mögliche Aufgaben gehen können. Gleichzeitig dankte er allen, die sich in die Vorbereitungen eingebracht haben und lobte ausdrücklich die Mitglieder der Führungsstellen „Alz“, „Chiemsee“, „Salzach“ und „Achen“, die im Hintergrund an der Koordination beteiligt waren.

Gleichzeitig gab er bekannt, dass man im kommenden Jahr eine mehrtägige Übung unter Beteiligung von überörtlichen Kräften plane. Der Landkreis honorierte den ehrenamtlichen Einsatz mit einer Brotzeit zum Abschluss der jeweiligen Übungen. Hob

Bilder: Conny Kübler, KFV Traunstein | Martin Schupfner, KFV Traunstein | Feuerwehr Traunstein | Hubert Hobmaier, KFV Traunstein

Kreisfeuerwehrverband Traunstein

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