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Oö: Einsatzvisualisierung und IT-Unterstützung bei der FF Alkoven (Reportage)

ALKOVEN (OÖ): Infos an die Mannschaft, wer kommt zum Alarm und wer nicht, gute Navigation aller Fahrzeuge zum Einsatzort, Kommunikation oder auch Zuteilung von Einsatzaufträgen an einzelne Fahrzeuge im Starklastfall, ausfallssichere Unterstützung für den Einsatzleiter oder gewinnbringende IT-Unterstützung für den Führungsstab. Mit diesen Themen hat sich die Feuerwehr Alkoven auseinander- und in die Praxis umgesetzt.

Eine Reportage von Martin Burger (3. Zugskommandant FF Alkoven) und Gerald Zukrigl (IT-Admin FF Alkoven)
Fotos: Hermann Kollinger

Digitale Quellen sind heute bei der Feuerwehr nichts Neues mehr. Vielfach ist es jedoch nur die Quelle, dass man die Daten zwar hat, aber sie nicht wirklich weiter verarbeitet. So hat man zwar – nur als Beispiel – seine Alarmdaten digital auf dem „WAS-System“, aber verarbeitet sie meistens nicht wirklich weiter. Mit diesem Thema haben sich bei der Feuerwehr Alkoven Martin Burger und Gerald Zukrigl auseinander gesetzt.

Auch die Einsatzzentrale platzt aus allen Nähten, wenn Hochbetrieb darin herrscht.

Die Kernfragen

Im Bereich des Lotsen- und Nachrichtendienstes gibt es in der eigenen Feuerwehr oft vielfältige Themen und Problemstellungen mit denen man konfrontiert ist:

  • Mannschaftsinfo: Wie informiere ich meine Mannschaft zu „Friedenszeiten“ über div. Neuerungen / Kommandobeschlüsse und dergleichen?
  • Wer kommt: Wie kann ich kurz nach einer Alarmierung feststellen, welche Mitglieder zum Einsatz kommen und welche nicht? Dies ist in unserem Fall vor primär bei Sonderdienst-Einsätzen wie Kran, Taucher oder Höhenretter von Relevanz.
  • Weg zum Einsatzort: Wie stelle ich eine gute, möglichst ausfallssichere Navigation zum Einsatzort für alle Fahrzeuge meines Fuhrparks sicher? Inzwischen haben wir einige zugezogene Feuerwehrleute und bei 20 Ortschaften auf 43 km2 Gemeindegebietsfläche wissen weitaus nicht mehr alle, wo es lang geht.
  • Zusätzliche Kommunikationswege: Welche Kommunikationsmittel kann man, zusätzlich zum Sprechfunk, zielgerichtet und sinnhaftig verwenden?
  • Hilfe für Einsatzleiter: Wie stelle ich dem Einsatzleiter – möglichst ausfallssicher – alle Unterlagen, die er braucht (Rettungskartendatenbank, Gefährliche-Stoffe-Tools, Brandschutzpläne oder Wasserkarten) zur Verfügung?
  • Stabsarbeit: Kann ich meinen Führungsstab mit PC und diverser Software so unterstützen, sodass die IT in diesem Fall keine Belastung, sondern ein Gewinn ist?

Intensiver Austausch und die Erkenntnisse daraus

Man stellte sich diese Fragen und versuchte, im Projekt „Unterstützung für die Feuerwehr durch Informationstechnologie“ Antworten darauf zu finden. In intensivem Austausch mit den Feuerwehrmitgliedern und dem Kommando, kamen wir zu folgenden Erkenntnissen:
Wir werden uns vieles selbst konfigurieren und einrichten, jedoch nicht alles. Wir beschaffen vor allem eine Software, die uns in den Bereichen Anfahrtswegeplanung, Einsatzkommunikation, Ressourcenplanung, Vorhaltung von Karten, Plänen und Ausrückeordnungen einen gewissen Grundstandard zur Verfügung stellt. Es gibt hier unterschiedliche Anbieter. Wir haben durch das Produkt „EMEREC“ der Fa. Rosenbauer obige Anforderungen am besten abgedeckt gesehen und daher dort investiert.

Drei ernstzunehmende Projektstufen

Im Projekt haben wir eine Herangehensweise in drei Stufen gewählt:

  • Technische Konzeption und Einrichtung (sicher der aufwändigste Teil),
  • Schulung der Mannschaft,
  • Üben in einem möglichst realitätsnahen und fordernden Szenario als Planspiel.
Ganz wesentlich ist die Schulung und Einbindung der Mannschaft. Das vorliegende System wurde im Zuge einer Planspielübung praxiserprobt.

Wesentlich ist sicher, alle drei Stufen gleich ernst zu nehmen und die Reihenfolge einzuhalten. Es gilt, unterschiedliche Fehler zu vermeiden: Ein tolles IT-System aufbauen und dann die Mannschaft nicht „abzuholen“ lässt das Vorhaben genauso scheitern wie ein schlechtes IT-System zu „zimmern“ und dann die Mannschaft darauf einzuschulen. In beiden Fällen wird IT-gestützte Einsatzführung nicht funktionieren. Mit den nachfolgenden Ausführungen möchten wir nun unsere gemachten Erfahrungen und Umsetzungen (Stand Herbst 2019) weitergeben, da das eine oder andere sicher auch für weitere Feuerwehren interessant ist oder Ansätze für eine eigene Umsetzung anbieten kann.

Infoscreens schalten von News auf Alarminfos um

Normalerweise zeigen zwei Infoscreens in der Fahrzeughalle und im Bereitschaftsraum Informationen für anwesende Kameraden an. Fotos von den letzten Feuerwehrevents unterschiedlichster Art, Neuerungen der Gerätschaften, Leistungen in Bewerben und Termine, die die gesamte Wehr betreffen. Die dargestellten Inhalte können leicht mit Standard-PC-Wissen gepflegt werden. Beim Alarmeingang schaltet die Software automatisch in den Einsatzmodus um: Alarmierungstext, Ausrückeordnung, alarmierte Einheiten, einrückende Mannschaft, Anfahrtsweg und vieles mehr werden hier angezeigt. Nach dem Einsatzendet schaltet der Screen wieder zurück in den Infomodus.

Bei einem Alarm schaltet der Infomonitor automatisch in den “Alarmmodus” um.

Zur technischen Umsetzung: Auf der Hardwareseite haben wir Fernseher und Pocket-PCs (in unserem Fall Marke Raspberry Pi) genutzt, auf dem ein Webbrowser die Inhalte darstellt. Die Inhalte werden mit einem Content-Management-System (bei uns WordPress) zusammengestellt und gepflegt. Die Termine für den Kalender werden in einem Google-Kalender gepflegt und von dort „herausgezogen“.

Viele Infos auf den Mobiltelefonen in den Fahrzeugen

Bei Alarmierung zeigen die Mobiltelefone, die wir 2019 in jedem unserer Fahrzeuge beim Platz des Fahrzeugkommandanten mit Halterung und Ladung montiert haben, bereits die Einsatzinformationen an, wenn dort jemand Platz nimmt. Diese werden über das Warn- und Alarmsystem ausgelesen und an alle Handys übertragen. Mit einem Knopfdruck kann man auch mit der Navigation auf Basis der von der Leitstelle übermittelten Koordinaten begonnen werden. Über dieses Mobiltelefon stehen auch Karten der Umgebung des Einsatzortes – samt Wasserentnahmestellen und Objektdaten – zur Verfügung.

Die Info am Handy.

Mit einem Klick wechselt man auf die Navigation.

In den Kontaktlisten der Mobiltelefone stehen die wichtigsten – für den Feuerwehrdienst relevanten – Nummern bereit. Die Telefonbucheinträge wurden mehrfach mit unterschiedlichen „Schreibweisen“ eingetragen, damit man das Landes-Feuerwehrkommando, das LFK, aber auch die LWZ erreichen kann. So ist ein schneller Zugriff auch im Einsatzfall leichter möglich.
Die Mobiltelefone in den Fahrzeugen wurden in der Einsatzzentrale auf Schnellwahltasten gelegt, um neben dem Medium Sprechfunk, eine schnelle, unkomplizierte Kontaktaufnahme mit jedem Fahrzeug zu ermöglichen.

Zur technischen Umsetzung: Bei der Auswahl der Telefonhardware haben wir uns im Billigpreissegment bewegt und das Risiko, enttäuscht zu werden, in Kauf genommen. Nach den ersten Monaten des Betriebs sind wir mit den angeschafften Geräten jedoch zufrieden. Sie genügen Punkto Haltbarkeit voll den Anforderungen, da sie ja nur im Einsatzfall und nicht ganztags verwendet werden. Einsatzinformation und Routenplanung erledigt die Rosenbauer-App „Emerec-Mobile“. Die Mobiltelefone synchronisieren die Telefonkontakte mit einem zentralen Google-Konto, was die Pflege der Einträge vereinfacht und Änderungen nur einmal notwendig macht.

Mobiltelefonsoftware für Mannschaft der Sonderdienste

Ergänzend zur stillen Alarmierung über den Pager haben die privaten Mobiltelefone der Kommandomitgleider und Mitglieder der Sonderdienste (in unserem Fall Taucher, Höhenretter und Kran) eine Benachrichtigung auf dem Mobiltelefon, die auch eine Rückmeldung erlaubt, seinen Einrückestatus (Ich rücke ein /Ich rücke nicht ein) bekannt zu geben.
Dieser Rückmeldestatus steht den ins Feuerwehrhaus einrückenden Kräften dann schon bereit und können damit in der Planung des Einsatzes berücksichtigt werden. Auch die Mobiltelefone in den Fahrzeugen zeigen an, wer im Einsatz dabei sein kann/wird. Diese Funktion ist vor allem bei den genannten Sonderdiensten dienlich, da hier ja eine kleinere Gruppe alarmiert wird und die jeweilige Verfügbarkeit durchaus von Nutzen ist. Ein positiver Nebeneffekt der Verteilung der App auch auf die Mobiltelefone dieser Kameraden ist auch, die Kenntnisse über die Funktionen „Einsatzinfo“, „Navigation“, Wasserentnahmestellen, etc. breiter in die Mannschaft „auszurollen).

Zur technischen Umsetzung: Die App „Emerec-Mobile“ kann leicht über den jeweiligen App-Store heruntergeladen werden. Die Lizenzverteilung erfolgt über ein ausgeklügeltes Tokenmanagementsystem.


Tablet-PCs in den Erstangriffsfahrzeugen

Grundsätzlich rückt unsere Wehr zu Brandeinsätzen zuerst mit dem Tanklöschfahrzeug und zu einem Großteil der technischen Einsätze mit dem Rüstlöschfahrzeug aus. Um in diesen Fahrzeugen dem Einsatzleiter und Gruppenkommandanten die Hilfsmittel für das Einsatzmanagement zur Verfügung zu stellen, finden sich zusätzlich zu den Mobiltelefonen in diesen Fahrzeugen auch noch Tablet-PCs. Rettungskartendatenbank, Gefährliche-Stoffe-Tools und auch Brandschutzpläne können auf diesen gemeinsam in einem Guss benutzt werden. Auf einzelnen Layern können vorgefertigte Symbole platziert werden – somit ist eine Lageführung im „kleinen Stil“ möglich.

Beispiel 1 für die Möglichkeiten einer unterstützenden Lageführung bei größeren Schadensereignissen. Auch Rückmeldungen über die Handys in den einzelnen Fahrzeugen können hier dargestellt werden (Bilder, Infotexte).

Sollte dies im Einsatzfall bei einem größere Szenario notwendig sein, so gehen wir davon aus, dass nicht der Einsatzleiter selber, sondern ein Melder oder Einsatzführungsunterstützer, die Lagekarte mit den Zeichentools bedient. In unseren Schulungen und Übungen sind deshalb auch nicht nur an das Führungspersonal gerichtet, sondern an die gesamte Mannschaft (oder einen IT-affinen Teil davon).

Beispiel 2 für die Möglichkeiten einer unterstützenden Lageführung.

Zur technischen Umsetzung: Auf den Tablet-PCs, die mit Halterung und Ladeerhaltung in den beiden Fahrzeugen verbaut sind, läuft die Software „Emerec-Pilot“, die die oben beschriebenen Einsatzmanagementhilfsmittel bereitstellt.

Beispiel 3 für die Möglichkeiten einer unterstützenden Lageführung.

Feedfunktion

Um zu einem Einsatz auf einfache Art und Weise Bilder und Texte an alle am Einsatz beteiligten Fahrzeuge / Geräte verteilen zu können, nutzen wir die Feedfunktion der Emerec-Lösung.

Nachricht von vor Ort an alle Geräte.

GPS-Tracking

Die ausgewählten Tablets und die Mobiltelefone sind mit GPS ausgestattet und leiten die aktuelle Position an den Dispatcher in der Einsatzzentrale weiter. Dort kann das Fahrzeug dann einem nächsten Einsatz zugeteilt werden. Natürlich ist das GPS-Tracking pro Gerät auch manuell abschaltbar.

Karte mit Infos für die Zentralisten bzw. die Lageführenden im Feuerwehrhaus. Ebenso angezeigt werden die (hier zur besseren Sichtbarkeit gelb markierten) Standorte der Einsatzfahrzeuge, natürlich auch jene, die noch im Feuerwehrhaus stehen (violett markiert).

Datenpflege zu Friedenszeiten

All diese Informationen (Ausrückeordnungen, Objektinfos, Brandschutzpläne, spezielle Notfallpläne wie beispielsweise Hochwasserplan) müssen vorab gepflegt werden, damit sie bei den beteiligten Geräten im Einsatzfall bereit stehen können. Auch „akute“ Informationen wie zum Beispiel Straßensperren können hier zentral eingetragen und an die beteiligten Kräfte verteilt werden. Dazu verwenden wir die Software Office aus der Emerec-Lösung.

Alarmmonitor für den Bedienenden in der Einsatzzentrale.

Sorgsamer Umgang

„Moderne“ Hilfsmittel bedürfen nicht nur einer Wartung, sondern auch einer sorgsamen Handhabung. Daher wurde die Mannschaft in den Schulungen entsprechend auf die Entnahme der Geräte aus den Halterungen, dem Einstecken der Ladeerhaltung bzw. der Sicherstellung von Datenverbindungen instruiert.


Datenverbindung

Die Mobiltelefone und Tablets in den Fahrzeugen sind im Feuerwehrhaus über WLAN mit dem Internet verbunden. Verlässt das Fahrzeug den Funkbereich des WLANs wird automatisch die Mobilfunk-Datenanbindung verwendet. Im Nicht-Alarm-Fall „schlummern“ die Geräte im Stand-by-Modus. Bei Alarmierung wachen die Geräte automatisch auf und zeigen die Einsatzinformationen an.

Zur technischen Umsetzung: Wir haben uns hier für kostengünstige Mobilfunk-Tarife entschieden. Mit dem darin enthaltenen Datenvolumen für Mobildaten haben wir bisher perfekt das Auslangen gefunden.

Zum Schluss

Uns ist wichtig darzustellen, dass eine solche Lösung mit verschiedenen Herstellern geschaffen werden kann. Unser Ziel ist es nicht, die Lösung eines Herstellers zu verkaufen! Eine gute Darstellung unserer Idee bedingt jedoch, dass wir auf die angekaufte Software auch eingehen. Die hier dargestellte Gesamtlösung bestehend aus der zugekaufter Software, Eigenentwicklungen, zugekauften Geräten, etc. haben wir „ELS FF Alkoven“ getauft (ELS = Einsatzleitsystem).

Die Ansicht für den Dispatcher in der entsprechend besetzten Einsatzzentrale.

Wer interessiert ist, sich dies vorort anzusehen, kann gerne bei uns anfragen. Wir hoffen, mit diesem Beitrag Feuerwehren inspirieren zu können. Wie eine Umsetzung für die einzelne Wehr gemacht wird, muss jeder selbst beurteilen. Es gilt, je nach Anforderung und Größe, eine passende Auswahl zu treffen. Ein ELS kann auch nach den ersten Erfahrungen noch „wachsen“.

Freiw. Feuerwehr Alkoven

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