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D: Malteser Hilfsdienst gewinnt PR-Bild Award 2020 #prba20

Blutdruckmessgerät, Defibrillator, Rettungsdecke, Sicherheitswesten, Krankentrage oder Notfallkoffer: All das, und noch viel mehr, ist in einem Rettungswagen zu finden. Der Malteser Hilfsdienst hat auf Instagram Ende 2019 an der sogenannten #TetrisChallenge teilgenommen und dafür seinen Rettungswagen komplett ausgeräumt.

Ähnlich wie auf Rückseiten von Playmobil-Spielzeug, haben sie den Inhalt des Wagens so aufgereiht, dass alles aus der Vogelperspektive betrachtet in ein Quadrat (deshalb Tetris) passt. Ein Foto, das genau diese Aufreihung zeigt, hat den PR-Bild Award 2020 gewonnen!

Dieser Challenge haben sich viele andere Einsatzkräfte angeschlossen: THW, Polizei, Feuerwehr oder Sanitäter – nicht nur aus Deutschland oder der Schweiz. Sie alle haben gezeigt, was alles in einem Rettungsfahrzeug steckt. Beeindruckend: In dem Rettungsfahrzeug des Malteser Hilfsdienstes sind es sagenhafte 1.800 Einzelteile! Oder anders: 1.800 Dinge, die täglich Leben retten können. Das Siegerbild wurde durch Philipp Richardt in der Kategorie Social Media eingereicht, Fotograf ist Alexander Licht. Wir haben mit Thorsten Heß, stellv. Leiter Notfallvorsorge Diözese Paderborn, und Kai Vogelmann, Leiter Presse und Kommunikation NRW, über die #TetrisChallenge, die Rücksichtslosigkeit gegenüber Rettungskräften und die Botschaft des Bildes gesprochen.

news aktuell: Wie lang hat es gedauert, diese 1.800 Teile aus dem RTW zu holen und wieder zurückzupacken? Erzählen Sie uns doch mal die Entstehungsgeschichte.

Heß: Die Entstehung des Bildes hat einen ganzen Tag gedauert. Wir haben morgens angefangen, die Halle herzurichten. Autos rausfahren, die Papierbahnen für den sauberen Hintergrund auszulegen, den Hubwagen herzurichten, usw. Das Ausräumen war echt mühselig, vor allem die Sachen einzeln auszulegen und hinterher nach Checkliste wieder einzuräumen. Sieben Helferinnen und Helfer der Gliederung Gütersloh haben Kai Vogelmann und Fotograf Alexander Licht tatkräftig unterstützt, das Motiv „ins richtige Licht“ zu rücken. Erst am späten Nachmittag waren die Bilder im Kasten und das Auto wieder einsatzklar.

news aktuell: Was genau hat es eigentlich mit der “TetrisChallenge” auf sich?

Vogelmann: Angefangen hat das als Spaß der Kantonspolizei in Zürich, die die Ausrüstung des Polizeifahrzeugs, samt Gefangenen aus der Vogelperspektive zeigten. Damit trafen sie aber den viralen Nerv durch alle Bereiche. Von Feuerwehr über Rettungsdienste, Katastrophenschutz, Rettungshubschrauber, bis hin zu Servicefahrzeugen des ADAC. Jeder hat sich daran beteiligt und gezeigt, was in ihm steckt. Ein arbeitsaufwändiger, aber informativer Spaß.

news aktuell: Wie sind Sie auf diese Challenge aufmerksam geworden?

Heß: Durch die Bilder in den sozialen Netzwerken. Aber wie Kai schon sagt: Die Idee, dass wir dem Bürger zeigen, was ihm mit lautem Martinshorn für Sekunden den Schlaf raubt. Was ihn vielleicht einschränkt, weil er rechts ran fahren, bremsen oder eine Rettungsgasse bilden muss. Das war schon länger da. Angeregt durch die gesellschaftliche Diskussion, die immer wieder aufflammt.

news aktuell: Welche Botschaft wollten Sie mit diesem Bild vermitteln?

Vogelmann: Schaut her, hier fährt kein Ärgernis herum. Hier drin stecken 1.800 Gegenstände und qualifiziertes Personal. Und zwar rein dafür, um Menschenleben zu retten. Und das findet sich auch in keinem Taxi. Damit sollte klar sein: Der Rettungsdienst ist für gesundheitliche und damit auch für lebensbedrohliche Ausnahmesituationen da. Und so soll er auch behandelt werden. Wir sind kein Taxi, keine Ruhestörer und kein Verkehrshindernis. Wir kommen, wenn es DIR richtig schlecht geht. Und dann muss es oft genug auch schnell gehen!

Ein Rettungswagen ist für die medizinische Versorgung, der engen Überwachung und den Transport von Notfallpatienten gebaut und ausgerüstet. So ist zum Beispiel vorgeschrieben, dass Rettungswagen über zwei Batterien mit Außenladung und einer entsprechenden Generatorleistung verfügen müssen, um den Betrieb der Medizingeräte sowie der Kommunikationseinrichtungen sicherzustellen und auch um eine Zusatzheizung betreiben zu können. Zur festen Ausstattung gehören eine elektrisch höhenverstellbare Trage, ein Tragestuhl, mit dem Patientinnen und Patienten die Treppen herauf oder heruntergetragen werden können, und ein Tragetuch, um Patienten in jeder Lage transportieren zu können. Der Rettungswagen führt außerdem eine Vielzahl Geräte mit, um verletzte Körperteile ruhigzustellen (u.a. Vakuummatratze, KED-System, Schaufeltrage, spezielle Schienen). Zur Beatmung und Sauerstofftherapie von Notfallpatienten hat der Rettungswagen 2.000 Liter medizinischen Sauerstoff an Bord. Hierüber wird ein modernes Beatmungsgerät versorgt, welches die gleichen, wichtigsten Funktionen besitzt wie ein Beatmungsgerät auf einer Intensivstation. Dieses Beatmungsgerät ist auch tragbar und hat weitere 400 Liter Sauerstoff zusätzlich dabei, um auch außerhalb des Rettungswagens eingesetzt zu werden. Hierüber können die Patienten auf dem Weg ins Krankenhaus entweder kontrolliert, aber auch assistiert beatmet werden oder es kann die Atemluft mit Sauerstoff anreichern.

news aktuell: Welche Rückmeldungen haben Sie aus dem Social Web erhalten?

Vogelmann: Ausnahmslos positive. Das Foto fand eine gute Verbreitung und Anklang. Sowohl in der „Szene“, als auch bei Menschen außerhalb der „Blaulichtcommunity“.

news aktuell: Ist die Rücksichtslosigkeit gegen Rettungskräfte tatsächlich so groß, wie man es immer häufiger liest?

Heß: Sie wird spürbar mehr. Das kann man feststellen. Aber man muss auch alles in der richtigen Relation sehen. Die Einsätze steigen auch. Damit gehen auch häufiger Einsätze einher, in denen Rücksichtslosigkeit und Aggression eine unangenehme Rolle spielen.Das gesellschaftliche Bild verändert sich. Das bekommen wir zu spüren. Aber auch in eigenen Reihen, das darf und soll man nicht verheimlichen, gibt es Kolleginnen und Kollegen, die nicht immer souverän mit allen Situationen umgehen, und da kommt es schonmal zu wechselseitigen Provokationen. Auf dem Land sieht es sicher noch um einiges entspannter aus, als in den großen Städten.

Was dem Rettungsdienst die größten Probleme bereitet, sind allerdings die unnötigen Einsätze, zum Beispiel wenn Menschen schon für Nichtigkeiten den Rettungsdienst rufen. Entweder weil die Fähigkeit zur Selbsthilfe nicht da ist, oder weil ein übertriebenes Anspruchsdenken damit einhergeht. Eine weitere Rolle spielt aber auch die Verschlechterung der hausärztlichen Versorgung. Wo früher noch der Arzt nach Hause kam, kommt heute nur noch der Rettungswagen.

news aktuell: Vielen Dank für das Gespräch! Noch einmal herzlichen Glückwunsch zum PR-Bild des Jahres 2020 Deutschland und alles Gute für Sie beide und Ihre Kollegen und Kolleginnen!

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