Krass: Rettungsdienst will per QR-Code fotografierende Gaffer abschrecken und abhalten
Gaffer ist eines der „Lieblingsthemen“ in vielen deutschen Medien. Nun gehen Einsatzorganisationen noch einen Schritt weiter. Gaffen tötet“ heißt es in der Mittelung, die erscheint, sobald eine Smartphone-Kamera auf einen Unfallort gerichtet wird.
Gaffer und Schaulustige gab es immer schon. Damals so wie heute. Lediglich die Disziplin der Betreffenden hat sich in den letzten Jahren leider verändert. Vielfach nicht zum Besseren. Die Johanniter starten nun eine Kampagne, über die sie am 30. April 2021 informieren:
Wer hat es noch nicht erlebt: Ein Unfall auf der Autobahn und die Rettungsgasse wird nicht richtig gebildet, weil man einen Blick auf den Unfall erhaschen will? Blaulicht und Martinshorn sind zu hören und die Menschen schauen, was passiert ist? Eine Menschentraube auf der Straße entsteht und man möchte wissen, warum? Neugier ist menschlich. Aber Schaulustige, die an Unfallorten das Geschehen beobachten, fotografieren oder filmen, gefährden das Leben der Unfallopfer und manchmal sogar ihr eigenes.
„Gaffen tötet!“ – die Idee
Immer wieder erleben die Rettungskräfte der Johanniter, dass ihre Arbeit durch Schaulustige behindert wird. Die Verbreitung von Smartphones und die Veröffentlichungsmöglichkeiten in den Sozialen Medien haben die Problematik noch verschärft. „Das muss sich ändern, denn oft entscheiden schon wenige Minuten über Leben oder Tod“, so Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Die Johanniter greifen die Idee der Agentur Scholz & Friends auf und setzen diese derzeit in einem Pilot-Projekt um. Ziel ist es, Aufmerksamkeit für das brisante Thema „Gaffen am Unfallort“ zu schaffen und diesem durch eine innovative Design-Idee ganz neu zu begegnen. Mit einem innovativen digitalen Design auf Basis der QR-Code-Technologie, das an Rettungsfahrzeugen oder an der Ausrüstung der Retter angebracht werden kann, sollen Schaulustige, die mit ihrem Smartphone das Geschehen festhalten wollen, davon abgehalten werden. Er löst auf dem Handy der Fotografierenden den automatischen Warnhinweis „Gaffen tötet!“ aus. So soll Gaffern ihre Tat unmittelbar bewusst gemacht werden.
„Die innovative Idee hat das Potenzial, eine sehr breite Öffentlichkeit zu erreichen und viele Menschen zum Umdenken zu bewegen“, ist Johanniter-Vorstand Jörg Lüssem überzeugt.
Denn: Gaffen ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn offenbar viele das denken – seit dem 1.1.2021 gilt laut Paragraf 201a des Strafgesetzbuches, dass das Fotografieren oder Filmen eines Unfalls mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belangt werden kann.
Von der Idee zur Umsetzung
Die Idee wird nun gemeinsam mit den Berliner Johannitern in einem Pilot-Projekt getestet. Acht Rettungswagen und ein Intensivtransportwagen sollen mit dem innovativen Design ausgestattet werden. David Kreuziger, Mitglied des Landesvorstands der Johanniter in Berlin/Brandenburg und selbst Rettungsassistent, ist sich sicher, dass das Projekt großes Interesse auch bei anderen Betroffenen hervorrufen wird: „Gaffer sind ein Riesenproblem in allen Rettungsdiensten, daher sind wir sicher, dass diese Aktion eine hohe Aufmerksamkeit bekommen und Nachahmer in der gesamten Branche finden wird.“ Auch Jörg Lüssem bekräftigt dies: „Es macht mich stolz, dass wir als Johanniter hier Vorreiter für etwas sind, was viele weitere Organisationen zum Mitmachen anregen wird.“
Christoph Schlossnikel und Ramona Junggeburth, Kreativdirektoren der Berliner Agentur Scholz & Friends: „Kreativität hat die Kraft, echte Probleme zu lösen. Wir freuen uns, die Johanniter-Unfall-Hilfe bei einem so dringlichen Problem zu unterstützen. Durch das innovative digitale Tarnmuster erwischen sich Gaffende direkt selbst auf frischer Tat.“
Die Johanniter werden in den kommenden Monaten die Verwendung des aufmerksamkeitsstarken Designs auf Fahrzeugen und Ausrüstung in ihren Rettungsdiensten testen und Erfahrungen sammeln, wie effektvoll das Pilot-Projekt ist und wie es in die Breite getragen werden kann, auch über die eigene Organisation hinaus.
Rettungsdienst bei den Johannitern
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist eine der großen Rettungsdienstorganisationen in Deutschland. Mehr als 740.000 Notfalleinsätze absolvierten die Johanniter im Jahr 2020. Mehr als 350.000 Patienten wurden 2020 durch Krankentransporte befördert. Bundesweit sind die Johanniter in 289 Rettungswachen aktiv.
Über die Johanniter-Unfall-Hilfe
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist mit rund 25.000 Beschäftigten, mehr als 43.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und 1,2 Millionen Fördermitgliedern eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland und zugleich ein großes Unternehmen der Sozialwirtschaft. Die Johanniter engagieren sich in den Bereichen Rettungs- und Sanitätsdienst, Katastrophenschutz, Betreuung und Pflege von alten und kranken Menschen, Fahrdienst für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Hospizarbeit und anderen Hilfeleistungen im karitativen Bereich sowie in der humanitären Hilfe im Ausland.
Über Scholz & Friends
Scholz & Friends gehört seit der Gründung im Jahr 1981 zu den führenden Kreativ-Agenturen in Deutschland. Rund 700 Mitarbeitende an Standorten in Berlin, Brüssel, Düsseldorf, Hamburg und Zürich schaffen innovative Markenerlebnisse und Nutzererfahrungen die Menschen bewegen. Scholz & Friends ist in allen publizierten Kreativ-Rankings 2020 Nummer 1 und hat als einzige deutsche Agentur drei Goldene Effies gewonnen. Zu den Kunden der Agenturgruppe zählen unter anderem die Johanniter, AOK, Sparkassen, Deka Investments, McDonald’s, Danone, Vodafone, Frankfurter Allgemeine Zeitung sowie zahlreiche deutsche Bundesministerien.
Die große Frage
PR-technisch gesehen ist der Johanniter-Unfallhilfe in Zusammenarbeit mit der Agentur garantiert ein großer Wurf gelungen. Es dauerte nicht lange und die Aktion bzw. die Berichterstattung darüber schwappte auch auf die renommierten Medien in unserem Land über. Aber ob es wirklich hilft?
Hinzu kommt, dass viele Smartphone-Kameras den QR-Code nur lesen, wenn man explizit die App bzw. Funktion „QR-Code lesen“ wählt und dieser bei Aufnahme eines Fotos zwar das Bild mit verunstaltet, aber sonst auch schon nichts bewirkt. Aber mal sehen, was die Erfahrungen zeigen werden.